Eines vorweg: Dietmar Hopp ist KEIN
Hurensohn. Zumindest habe ich trotz tausendfacher Behauptung nicht
den geringsten Anhaltspunkt, dass es so ist. Und selbst, wenn es so
wäre, würde das die Leistungen von Dietmar Hopp in keiner Weise
schmälern. Die Leistung, das Unternehmen SAP gemeinsam mit seinen
Partnern aus dem Nichts zu schaffen, verdient großen Respekt. Die
von Dietmar Hopp gestifteten „Alla Hopp“-Spielplätze können gar
nicht gut gelobt werden, und ich bin sicher, dass Dietmar Hopp noch
viele karitative Projekte unterstützt, von denen ich nichts weiß.
Die TSG Hoffenheim ist allerdings kein
karitatives Projekt. Ich nehme diesen Verein als einen reinen
Ego-Trip von Dietmar Hopp wahr, und genauso geht es auch vielen
anderen in den Kurven. Die tolle Jugendarbeit ist doch nur ein
Feigenblatt, mit dem Hopp sein Spielzeug (wahrscheinlich auch vor dem
eigenen Gewissen) zu rechtfertigen und den Ego-Trip zu kaschieren
versucht. Doch der Umgang mit dem Führungspersonal in Hoffenheim
zeigt ja sehr deutlich, wessen Ego sich hier im Zweifelsfall
durchsetzt. Daher wird die TSG Hoffenheim auch nicht mit den Spielern
oder Trainern identifiziert, sondern mit Dietmar Hopp.
Lieber Dietmar Hopp, Sie sagen, Sie
verstehen nicht, was die Menschen in der Kurve zu den Schmährufen
gegen Sie bewegt. Und das ist in der Fußball-Bundesliga Ihr Problem:
Sie verstehen die Fans nicht. Die Fans gehen ins Stadion, um sich
abzulenken, um Spaß zu haben und um Frust abzubauen.
Der Umgangston in der Kurve ist rau,
aber nicht gewalttätig. Fragen Sie einmal Lothar Matthäus, Stefan
Effenberg oder Mario Basler, was die sich während ihrer aktiven Zeit
von den gegnerischen Fans anhören mussten. Hurensohn zählt da noch
zu den harmloseren Varianten. Lothar Matthäus oder Marion Basler hat
das nicht gekratzt, der Mittelfinger von Stefan Effenberg ist
verglichen mit ihrer Reaktion sehr souverän und vielleicht auch
Ihnen zu empfehlen. Denken Sie doch einfach „Ihr könnt mich
allemal“. Leider hatten Sie diese Souveränität bisher nicht, und
deswegen könnte man sagen, dass Sie ein Weichei sind.
Ihr Widerstand gegen die Beleidigungen
der Kurve sorgt nur dafür, dass die Kurve sich umso mehr mit Ihnen
beschäftigt. Sie sollten begreifen, dass in der Kurve nicht nur
gebildete, hoch anständige Menschen stehen, sondern sehr viele
einfache, die auch einmal ein Ventil brauchen, um ihren Ärger
loszuwerden, und wie oben beschrieben – diese Menschen ärgern sich
über Ihren Ego-Trip. Sie ärgern sich, dass der Fußball immer mehr
durch Geld korrumpiert wird, und Ihr Fußballverein ist dafür ein
Symbol.
Lieber Dietmar Hopp, wahrscheinlich
wäre dieser Ärger schon längst verraucht, wenn Sie die
Kaltschnäuzigkeit von Lothar Matthäus oder die Souveränität von
Stefan Effenberg besitzen würden. Doch stattdessen wollen Sie die
Fans maßregeln. Fragen Sie einmal Oliver Baumann, was er sich jedes
Spiel anhören muss, wenn er vor der gegnerischen Fankurve steht. Er
wird sich Beleidigungen anhören müssen, genauso wie die 17 Torhüter
der anderen Bundesliga-Vereine.
Es gehört zur Rivalität der
Fußball-Fans, dass man sich und die gegnerische Mannschaft verbal
attackiert. Und das ist gut so! Es sorgt dafür, dass die Menschen
ein Ventil haben und es eben nicht zu Schlimmerem kommt. Die
Wahrnehmung der Fans ist nun folgende: Nachdem Sie sich mit Geld in
die Bundesliga eingekauft haben und den Fans somit einen Kunst- oder
besser Kapitalverein aufzwingen, den sie nicht sehen wollen,
versuchen Sie nun, den Fans auch noch vorzuschreiben, was sie sagen
dürfen. Und dabei versuchen Sie nicht etwa, Oliver Baumann vor
Beleidigungen zu schützen, sondern sich selbst.
Das Ganze erinnert mich ein wenig an
den Schulhof. Die infantilen Siebenjährigen aus der Kurve beleidigen
Sie als Hurensohn und Sie sind nicht der Souveräne, der sich lachend
abdreht, sondern ein genauso infantiler Siebenjähriger, der die
Prügelei mit den Beleidigern sucht. Die DFL und der DFB wirken wie
Lehrer, die einschreiten, dabei aber eine Doppelmoral und
Scheinheiligkeit an den Tag legen, die zum Widerstand geradezu
animiert.
Nach dem DFB-Pokalspiel Schalke gegen
Bayern konnte ich hören, wie toll es sei, dass es nicht zu
Beleidigungen gegen Sie gekommen sei, es habe nur die auf Schalke
üblichen Schmähungen gegen Manuel Neuer gegeben…
Es ist nicht okay, Sie als Hurensohn zu
beleidigen, aber Manuel Neuer darf geschmäht werden??? Das wirkt so,
als hätten die Lehrer nur eingegriffen, weil das Kind reicher Eltern
beleidigt wurde.
Lieber Dietmar Hopp, glauben Sie mir,
„Hurensohn“ ist weiß Gott nicht die schlimmste Beleidigung, die
aus der Kurve kommt. Umso mehr provozieren die Strafen für diese
Beleidigung, während Schwerwiegenderes akzeptiert wird, Widerstand.
Ich glaube nicht an eine Verschwörung von Ihnen und den Verbänden.
Ich glaube, dass dort Funktionäre sitzen, die die Kurve genauso
wenig verstehen wie Sie und die Ihnen leider einen Bärendienst
erweisen. Die Fans haben durchaus Verständnis wenn gegen die
schlimmsten Auswüchse wie Rassismus, Antisemitismus oder Sexismus
vorgegangen wird, aber sie wollen sich ihre Rivalität nicht nehmen
lassen.
Lieber Dietmar Hopp, ich wünsche Ihnen
vor allem die Souveränität, diese Beleidigungen an sich abprallen
zu lassen. Zum Abschied kann ich Ihnen auch noch zwei Gedanken
schenken, mit denen Sie sich über die Beleidigungen freuen können.
Stellen Sie sich vor, Sie hätten statt der TSG das Hoffenheimer
Opernhaus gebaut. Die Besucher würden Ihnen schmeicheln und hinter
Ihrem Rücken würde es dann heißen „Und seine Mutter war eine
einfache Hausfrau/Arbeitskraft/was auch immer (das ist in diesen
Kreisen eine genauso schlimme Beleidigung wie Hurensohn). Ist der
direkte Widerstand der Fans da nicht vorzuziehen gegenüber dem
heimlichen Dünkel gegenüber einem vermeintlichen Emporkömmling?
Oder stellen Sie sich vor, die Fans würden am Ende noch kreativ.
Nicht auszudenken wenn sie nicht mehr Hurensohn rufen würden,
sondern „SAP hacks Donald Trump“. („I tell you … Everybody in
Germany knows it … There are thousands … They are shouting it
everywhere. It’s the truth …“)