Spur der Steine

Seit 2006 gibt es unter Schirmherrschaft der Gesellschaft für Rheingauer Weinkultur ein Projekt, bei dem es darum geht, die Vielfalt der hessischen Weinlagen herauszuarbeiten und dem Verbraucher die Bedeutung der unterschiedlichen Bodenformationen für den Wein nahezubringen.

Aus 5 über das ganze Rheingau verteilten Lagen mit unterschiedlichen Bodenstrukturen sowie aus dem Heppenheimer Steinkopf von der hessischen Bergstraße wurde Rieslinglesegut von der Forschungsanstalt Geisenheim unter den gleichen Bedingungen ausgebaut. Alle Weine wurden temperaturgekühlt vergoren und zu trockenen Weinen ausgebaut. So sollten die 6 Bodenformationen Quarzit, Quarzit+Schiefer, Löss, Sandlöss, Ton sowie Auensediment auf Kalkstein gut zur Geltung kommen.

Der Einfluß von Mikroklimata läßt sich dadurch zwar nicht ausgrenzen, aber dieser wird einfach mit zum Terroir gezählt. Das Projekt Terroir Hessen verkauft das Sixpack mit den verschiedenen Weinen für gerade mal 40€ und in diesem Jahr wohl leider das letzte Mal. Bei wein.pur, wo man das Sixpack wohl auch noch beziehen kann, war ich auf das Projekt aufmerksam geworden und dachte, daß sich doch daraus eine wunderbare Weinprobe organisieren ließe. Zwei Pfälzer Weine ließ ich das Bodenprofil um Rotliegendes und Granit erweitern, so daß sich ein schönes Gruppenbild ergab.

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Neben dem sehr schön gestalteten Booklet, indem der Herausgeber Information zum Entstehen der Gesteinsformationen gab und die Bodenformationen unterschiedlichen Erdzeitaltern zuordnete, hatte ich im Vorfeld der Probe auch Informationen aus dem Weinglossar von Wein+ extrahiert, was verdeutlichte wie widersprüchlich der Einfluß der Bodenformationen in der Fachwelt gesehen wird. Von daher ist es umso wichtiger, sich ein eigenes Bild zu machen.

(1) Quarzit 2009 Lorcher Bodental-Steinberg
Die Probe begann damit am nordwestlichen Rand des Rheingaus. Laut Literatur sollten uns bei Quarzit säurearme Weine erwarten. Laut Beilage ein säurereicher, mineralischer Wein mit Graipefruit, Zitrone und Apfel.
Nase: Schwefel, faule Eier, Vanille, Stinker
Mund: kräftig, würzig, leicht salzig, mineralisch, säurearm, Vanille, rauchig
Leider nur ein sehr mäßiger Anfang

(2) Quarzit und Schiefer 2009 Rüdesheimer Drachenstein
Weiter ging es um den Rheinknick herum mit einem kurzen Abstecher in die Drosselgasse und dann den Berg hinauf. Ob der Schiefer für einen leichten eleganten Wein sorgen würde oder die Beschreibung eines blumigen, säurereichen Weins mit Maracuja, und reifen gelben Früchten zu finden sei, galt es diesmal herauszufinden.
N: Graipefruit, Schwefel (nicht so stark wie bei 1)
M: leichte Säure, mittlerer Körper, sehr würzig
Ein schwer zu beschreibender Wein. Andere fanden ihn sehr neutral. Ich fand ihn durchaus ausdrucksstark, konnte aber seine Komponenten auch nicht wirklich gut identifizieren.

(3) Löss 2009 Winkeler Hasensprung
Noch ein Stück weiter nach Osten kamen wir in die nächste Rheingauer Spitzenlage.  Die Literatur verprach einen vollmundigen eher säurearmen Wein. Das Booklet einen blumigen Wein mit verschiedenen Fruchtaromen und einer feinen Herbe.
N: Apfel, Zitrus
M: Apfel, Zitrus, Säure gut integriert und im  schönen Zusammenspiel mit der Frucht, leichte Würze
Eine deutlich andere Charakteristik als bei den vorhergegangen Weinen. Dieser Wein wirkte sehr stimmig und gefiel bis hierhin am besten

(4) Sandlöss 2009 Heppenheimer Steinkopf, Hessische Bergstraße
Jetzt machten wir einen Abstecher zu den Füßen des Odenwalds und suchten im Sand der hessischen Bergstraße nach einem eleganten säurearmen Wein, obwohl der Wein als säurereich mit filigranen Fruchtaromen angekündigt wurde.
N: sehr dezent, Vanille
M: relativ belanglos, mittelleicht, leichte Säure
Der Mann ohne Eigenschaften. Ein durchaus gut trinkbarer Wein, der bei einem spannenden Krimi aber keine Zutat liefern würde, um von dem Buch abzulenken.

(5) Ton 2009 Hattenheimer Schützenhaus
Zurück im Rheingau trafen wir auf die nächste Bodenformation. Würde es einen vollmundigen, kräftigen Wein mit guter Säure geben oder einen Wein mit komplexer Mineralität und feinem Bitterton geben?
N: blumig, Nektar
M: fruchtig, mittlere Säure, Gärkohlensäure, eher leicht, ordentliche Länge, frisch
Ein spritziger Wein für den Sommer, sehr schön zu trinken

(6) Auensediment Auf Kalk 2009 Hochheimer Hölle
Das Booklet versprach hier einen Wein mit feiner Bitternis und viel Extrakt.
N: Tabak, Vanille, blumig
M: mittelleicht, leichte Säure, leichte Frucht, sehr rund, ausgewogen, leichte Würze, Schmelz
Einstimmig der beste Wein aus der Rheingau-Kollektion. Er bestach durch seine Balance und das feine Spiel mit dem er seine Komponenten zur Geltung bringen ließ. Die Rheingauenklave am Main ging also als hessischer Sieger aus der Probe hervor.

(7) Rotliegendes 2007 Pfalz, Riesling QbA trocken, Weingut Siener
N: nasser Stein, Katzenpipi, Moos, Kräuter
M: fängt mittelleicht fruchtig an, geht in würzig, kräutrige Richtung über, mineralisches Spiel, intensiver Abgang, rauchiger Nachhall mäßiger Intensität aber mit guter Länge
Setzte für mich noch mal einen oben drauf. Mit seiner Kraft fast schon etwas extrem, aber hervorragend gelungen

(8)  Granit 2008 Rhodter Schloßberg, Pfalz, Riesling Spätlese trocken, Weingut Heußler
Die Literatur ließ mineralische und wenig säurebetonte Weine erwarten.
N: sehr dezent, nasser Stein
M: saftig, würzig, mineralisch, gute Länge, mineralischer Nachhall leicht anschwellend
Auch der zweite Pfälzer konnte sich für mich gegen die hessische Phalanx durchsetzen, blieb aber wegen des zurückhaltenden Duft minimal hinter dem Rotliegenden. Der Granit konnte ein wenig auch als Gegenentwurf gesehen werden, weil er eher eine feinere Struktur hatte.

Fazit: Es ist uns leider nur bedingt gelungen, den Einfluß der Böden auf die Weine nachzuvollziehen können. Dies erfordert wohl noch weitere intensive Studien. Zwei geschickt plazierten Pfälzern gelang es sich gegen die hessischen Weine durchzusetzen, wobei der unterschiedliche Jahrgang auch eine Rolle gespielt haben kann.

Quarzit Riesling 2009

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Der Wein hat eine strohgelbe Farbe. Anfangs ist der Wein von ordentlicher Intensität. Er duftet nach Kräutern und Limonen. Auch nach dem Schwenken bleibt der kräutrige Duft erhalten. Die Intensität nimmt deutlich zu. Dazu kommt eine leichte Tabaknote.

Der Wein besitzt einen mittelschweren Körper. Die Säure ist gut integriert, aber relativ verhalten. Er hat einen rauchigen, kräftigen Charakter. Der Nachhall besitzt eine ausgezeichnete Länge. Grandios ist die prickelnde Mineralik, die sich durch den ganzen Mundraum durchzieht.

Nachdem ich es bereits in der Beschreibung an wertenden Loben nicht mangeln habe lassen, muß ich einschränkend hinzufügen, daß dies ein Wein ist, bei dem der zweite Schluck doch etwas abfällt. Was dem Wein zur Spitzenklasse fehlt, ist insbesondere die Vielschichtigkeit. Charakterstark ist er auf alle Fälle, auch wenn seine Eindringlichkeit eben nach dem Öffnen doch nachläßt. Er besitzt eine enorme Kraft. Ein sehr guter Wein, der mir gut zum gebratenen Steinbeißer mit Zitronensauce geschmeckt hat.

Herkunft: Deutschland – Rheingau
Jahrgang: 2009
Rebsorte: Riesling
Erzeuger: P. J. Kühn
Ausbau: QbA trocken
Alkohol: 12,0%

Rheingau Riesling 2009

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Der Wein hat eine glanzhelle Farbe mit leicht gelbem Einschlag. Die erste Nase ist sehr verhalten mit Zitrusaromen. Die zweite Nase gewinnt deutlich an Intensität. Limettenaromen dominieren. Dazu kommen pflanzliche Aromen.

Auch am Gaumen zeigt sich der Wein sehr Riesling-typisch. Eine ordentliche knackige Säure ist sehr gut eingebunden. Dazu kommt eine schöne Zitrusfrucht. Das Prickeln der Gärkohlensäure verleiht ihm zusätzliche Frische. Der Nachhall besitzt eine gute Länge.

Ein sehr schöner fast schon perfekter Trinkwein. Seine einfache, unkomplizierte Art bei gleichzeitig schönem technischen Ausbau machen viel Spaß. Zur Fischterrine.

Herkunft: Deutschland – Rheingau
Jahrgang: 2009
Rebsorte: Riesling
Erzeuger: Weingut Daniel
Ausbau: Classic
Alkohol: 12,5%

Rheingau Riesling 2009

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Der Wein hat eine glanzhelle Farbe mit schwachem grünen Einschlag. Einige kleine Perlen zeigen sich an der Glaswand. Die erste Nase ist durchaus intensiv. In ihr sind grüne vegetabile Noten, etwas Kohl und Limettenaromen zu erkennen. Die zweite Nase ist etwas verhaltener und besitzt nur die fruchtigen Limettenaromen.

Der Wein besitzt einen mittelschweren Körper. Er verfügt über eine gute Balance aus frischer Zitrusfrucht und mäßiger Säure. Eine leichte Kräuternote kommt auch noch dazu. Der Nachhall besitzt eine ordentliche Länge.

Insgesamt ist das ein guter Wein, der rundum gelungen ist. Seine Pluspunkte sind seine Riesling-typischen Noten und seine Ausgewogenheit, die keinen Schwachpunkt offenbart. Echte Alleinstellungsmerkmale oder auch nur eine vielschichtige Struktur fehlen ihm aber vollkommen. Zur Forelle Müllerin.

Herkunft: Deutschland – Rheingau
Jahrgang: 2009
Rebsorte: Riesling
Erzeuger: Irene Söngen
Ausbau: Kabinett trocken
Alkohol: 12,0%

Assmannshäuser Höllenberg Spätburgunder 2004

Der Wein ist recht hell mit einer granatroten Farbe und einer mäßigen Farbtiefe, die ins Ziegelrot übergeht. Zunächst duftet der Wein mäßig intensiv nach fruchtigen Beerenaromen. Nach dem Schwenken nimmt die Intensität deutlich zu. sie bleibt fruchtig, aber dazu kommen würzige Aromen und Lakritznoten. Die Viskosität ist gut ausgeprägt.

Am Gaumen fällt der Wein durchaus fruchtig aus. Es bedarf des zweiten Schlucks, um mich von der ausgewogenen Harmonie des Weins zu überzeugen. Ein mittelschwerer Wein mit Saftigkeit, der gleichzeitig unkompliziert und locker durch den Mund rollt, bevor ein leicht bitterer Abgang den würzigen Nachhall einleitet, der eine sehr gute Länge besitzt.

Der Wein vereint die zwei Pinotwelten. Einerseits die einfache unkomplizierte Süffigkeit und andererseits die elegante Komplexität. Die Vereinigung glückt, weil er sich in keine der beiden Welten zu tief hinein begibt. Sehr gut gelungen und gereift. Zum Hirschgulasch.

Herkunft: Deutschland – Rheingau – Assmannshäuser Höllenberg
Jahrgang: 2004
Rebsorte: Pinot Noir
Erzeuger: Klaus König
Ausbau: QbA trocken
Alkohol: 13,5%

Kiedricher Gräfenberg Riesling 2007

Der Wein ist glanzhell. Die erste Nase riecht nach nassem Stein. Dazu kommt eine fruchtige Apfel-Aprikosennote. Die zweite Nase ist fast noch verhaltener. Hier treten Die fruchtigen Elemente des Buketts weiter zurück und geben kräutrigen Aromen Raum.

Im Mund ist der Wein sehr fruchtig. Neben Aprikose erkenne ich auch Apfel und Feigennoten. Dazu kommt eine kräftige Säure und eine leichte Würze. Der Nachhall besitzt eine gute leicht salzige Länge. Der Wein läßt die Säure etwas zu sehr zur Entfaltung kommen und wirkt dadurch nicht gerade harmonisch.

Insgesamt ein guter Wein, aber nichts was ich kistenweise einlagern wollte. Zu einem Brathendl mit Pommes.

Herkunft: Deutschland – Rheingau – Kiedricher Gräfenberg
Jahrgang: 2007
Rebsorte: Riesling
Erzeuger: Speicher-Schuth
Ausbau: Spätlese trocken
Alkohol: 13%

Wallufer Walkenberg Spätburgunder 2006

Der Wein ist sehr hell mit einer granatroten Farbe. Die schwache Farbtiefe läßt den Wein noch heller wirken mit einem orangeroten fast wässrigem Rand. In der ersten Nase ist der Wein mehr als verhalten. Ich kann allenfalls erahnen, daß dieser schüchterne Genosse nach Lakritz und fruchtigen Aromen duften könnte. In der zweiten Nase nimmt die Intensität nur leicht zu. Neben Kirsche scheint er insbesondere pflanzliche Aromen zu besitzen. Die Viskosität ist mäßig ausgeprägt.

Der Wein präsentiert sich wie ausgewechselt. Hatte ich vor einer Woche bei einer Weinprobe einen durchaus vielschichtigen und sehr gelungenen Wein im Glas, so erscheint mir dieser jetzt eher eintönig und wenig ansprechend. Erst der mineralische Nachhall, begleitet von Schokoladenoten mag mich etwas milder zu stimmern, dennoch bleibt der Verdacht einer fehlerhaften Flasche bestehen. Der zweite Schluck weiß mich vollends zu besänftigen. Hier geht den oben geschildertem schönen Finish ein Wein mit mittelschwerem Körper voraus, der mit einem gelungenen Zusammenspiel aus Frucht und leichter Säure ein gutes Vorspiel für den Nachhall liefert und außerdem sehr seidig harmonisch durch den Mund gleitet.

Da sich der Geruch im Laufe des Abends nicht gesteigert hat, nur ein guter Wein, den man beispielsweise gegen ein Pilzrahmgericht stellen kann.

Herkunft: Deutschland – Rheingau – Wallufer Walkenberg
Jahrgang: 2006
Rebsorte: Spätburgunder
Erzeuger: Toni Jost – Hahnenhof
Ausbau: QbA trocken
Alkohol: 13,5%

Lorcher Bodental-Steinberg Riesling 2007

Der Wein ist glanzhell. Einige kleine Perlen zeigen sich an seiner Oberfläche. Zunächst riecht der Wein recht intensiv mit einer Betonung von kräutrigen und pflanzlichen Komponenten. Das Schwenken erhöht nur die Intensität. Der Geruch nach Minze, Moos und nassem Stein bleibt vorhanden, vermischt mit etwas Ananas.

Am Gaumen ist die Säure sehr präsent aber gut integriert. Erst spät zeigt sich in einer gewissen Saftigkeit auch die Frucht des Weins. Dann zeigt sich auch hier die Ananas. Zuvor betont er insbesondere seine würzigen Noten. Der Nachhall ist eher kurz, bevor mit ordentlicher Verzögerung dann doch ein mineralisches Nachbeben kommt. Insgesamt besitzt der Wein einen eher leichten Körper.

Ein easy-going Wein. Keineswegs ein einfacher 0815-Wein, eher so etwas wie Terroir für Anfänger. Der Wein macht viel Spaß, läßt sich sehr gut trinken, was wahrscheinlich auch die größte Gefahr darstellt, denn er kann ganz schnell weg sein, weil er eben für jeden etwas bietet. Für denjenigen, der den Wein eher beiläufig trinkt, ist die Süffigkeit und die Saftikeit sehr angenehm, während sich der Weinliebhaber am Geruch und der Mineralik erfreut. Auch der herabgesetzte Preis, zu dem ich ihn erworben habe, qualifiziert ihn als Partywein.

Herkunft: Deutschland -Rheingau – Lorcher Bodental-Steinberg
Jahrgang: 2007
Rebsorte: Riesling
Erzeuger: Laquai
Ausbau: QbA trocken
Alkohol: 11,5%