Lieber Lord Chandos…

Ein paar Tage nichts geschrieben
Wo sind die Gedanken hängen geblieben
Wieso öffnete sich nicht die kreative Saat
Kein Antiklimax endete in Wort und Tat

Ich weiß nicht was nicht hat getrieben
drum such ich ja ihren weisen Rat
Wem kann ich die Schuld zuschieben
damit ein geistiger Frühling naht

Zum Glück hatte ich einen Vorrat angelegt
der die leeren Tage meines Blogs pflegt
Die Ideen gewonnen an fremden Stätten

tuen sich nicht in neue Reime betten
Und weil ich nicht sehe daß mein Füller sich bewegt
müßt Ihr lieber Lord Chandos mich gnädigst retten

Der Optimist

Wenn dann auch der Optimist
schließlich die weiße Flagge hißt
steht niemand mehr auf dem Feld
Auch der große tapfre Held

wird seit Längerem vermißt
Als sich niemand mehr vor ihn stellt
ist es für ihn dann doch zu trist
so ganz allein auf der Welt

Die Klugen sind längst geflohn
Die Edlen erlegte der Feind schon
Die Leichtgläubigen erwischt es zu Letzt

Weil er sie nochmal auf den Feind hetzt
erntet nur dieser den Lohn
indem er alle blutig zerfetzt

Helau! oder Humor ist wenn man trotzdem lacht

Der skurrile Film der sich Arbeit nennt
und so viel wertvolle Zeit verbrennt
kann einen immer wieder überraschen
– Der dicke Bernd füllt sich die Taschen

auch wenn er vor der Arbeit stets wegrennt
Der schöne Gustav tut die Mädels reihum vernaschen
wonach sich so manche beim fiesen Chef ausflennt
– und Clemens versteckt im Rollcontainer Flaschen

Wärn nur die Kunden nicht da
wär das Leben wunderbar
Doch die bestellen tatsächlich Sachen

Wer soll nur die Arbeit machen
Wer ist solch ein armer Narr
Der hat doch nichts zu lachen

Die männliche Katze

Der langsame Alkoholabbau
gleicht einem zäh fließenden Stau
Natürlich will man daß es schneller geht
bis man wieder auf sicheren Füßen steht

Allzu lange fühlt sich der Magen flau
und man spürt daß er um ein gesünderes Leben fleht
Zwar ist man schon längst nicht mehr blau
doch die Welt bleibt seltsam verdreht

Im Kopf tut ein Hammer schlagen
Das ist fast am Schlimmsten zu ertragen
Man wartet viel zu lange Stunden

Warum kann der Kopf nicht schneller gesunden
Warum muß der Alkohol so lange an ihm nagen
Das sollte mal jemand erkunden

Manolos

Das rhythmische Absatzklacken
der edel beschuhten Hacken
läßt meinen Mund nicht geifernd schäumen
doch auch gezähmt tu ich ein wenig träumen

Energisch stellen sich mir die Haare in den Nacken
Nie wollt ich so ein Konzert versäumen
Ich vermag es kaum mich aufzubäumen
und interessiere mich auch nicht für ihre Macken

Wer glaubt er könnte diesen Stiefeln widerstehn
der hörte sie noch niemals gehn
Jedes Mal wenn sie auf den Boden prallen

bin ich ihnen ein wenig mehr verfallen
Wär ich doch blind und müßt nicht sehn
wessen Schuh hier durch die Gegend hallen

Eiseskälte

Wenn die Stimmung ganz einfriert
und jeder auf diesem Glatteis abschmiert
hilft es nicht ein Loch zu schlagen
denn der Eispanzer wird weiter trage

Solange der Winter nicht seine Kraft verliert
kann man noch so viel wärmende Worte sagen
Schnell ist das Eis wie von selbst repariert
und bildet neue noch dickere Lagen

Wie lang läßts sich unter dem Eis aushalten
Wann tut das Herz endgültig erkalten
Wie viel Wut und Frust läßt sich dort aufstaun

Kann man ewig an Ärger und Haß kaun
Ach tät der Frühling doch seine Kraft entfalten
Und würde das feste Eis auftaun

Einfach mal nur so

Nur ein paar harmlose Worte
gelingen doch an jedem Orte
Schön müssen sie nicht sein
Hauptsache sie wahren den Schein

Klar wird daß ich sie nicht horte
Ich meißel sie auch nicht in Stein
Vielleicht gehörn sie nicht zur schönsten Sorte
doch sie reimen rein

Wichtig ist ihr steter Fluß
selbst ohne der Muße Kuß
Schließlich geht es nur ums Üben

Und klingt der Reim nicht nach Kraut und Rüben
akzeptier ich auch den größten Stuß
der hier entsteht aus wenig kreativen Schüben

Weiße Weihnachten

Es sind die weißen Weihnachten
nach denen Kinderherzen immer schmachten
Doch das Eis bricht der Bahn Gefüge
Was folgt ist der Ausfall vieler Züge

Inmitten der weißen Prachten
tut die Bahn den Kunden nicht Genüge
Wo die Leute anfangs noch lachten
verärgert sie schnell das System der Lüge

Sie sitzen und stehen gedrängt
in engen Gängen eingezwängt
Genervt entlädt sich der Frust aus den Hälsen

während draußen Flocken schmelzen
Darauf wartend daß man Wagen anhängt
friern drinnen die Menschen zu fleischigen Felsen.

Aus dem immer noch verschneiten Exil – 2

Das weiche und doch gemeine Gelblicht
ist der Hinweis auf die Abendschicht
Wie tut man diese Zeit verfluchen
Wie tun einen die Flaggen versuchen

Wär nicht die ein oder andre Pflicht
wollte man eine Kreuzfahrt buchen
um der Schiffe Heimat zu besuchen
Wie schwer fällt der Verzicht

Wie viel besser wird es dort wohl sein
Was ist die Welt dort doch pur und rein
Wie stark tut einen die Sonne erwärmen

Man gerät schon ein wenig ins Schwärmen
und fühlt das Leben ist doch fein
während Kräne und Container lärmen

Aus dem verschneiten Exil – 1

Hell erleuchtet ist der Hafen
als ob die Arbeiter nie schlafen
Vielleicht kann man auf sie nicht zählen
und befürchtet daß sie stehlen

Wimmelt wegen ein paar schwarzen Schafen
die Nacht von Licht und lauten Befehlen
Wie hart wohl die Strafen
die erwischten Lämmer quälen

Oder liegt es an der hohen Flut
daß die Schiffahrt nicht mal Sonntag Abend ruht
Egal ist’s wohl dem tiefen Hafenbette

Dennoch bewunder ich die Silhouette
Sie gefällt mir besser als nur gut
und damit auch diese Aussichtstätte