Nur 36.000 Zuschauer auf dem Betze. Und bei einigen davon wäre es auch nicht schade gewesen, wenn sie fern geblieben wären. Ich kann die Miesmacher nicht mehr ertragen. Natürlich freue auch ich mich nicht, wenn einer unserer Jungs einen Fehler macht, aber deswegen höre ich nicht auf, die Mannschaft zu unterstützen. Doch leider gibt es einige, die sofort von der Unfähigkeit der Spieler sprechen. Wenn Oliver Kirch den Ball gegen drei Gegenspieler behauptet und einen erfolgreichen Pass zurück spielt, weil nur dort jemand freisteht und in der Kurve gejammert wird, als wäre Jesus gerade gestorben, dann finde ich das ganz schwach von den Anhängern.
Ich frage mich da eher, warum diese Leute überhaupt ins Stadion gehen. Wem vor der Saison nicht klar war, dass es gegen den Abstieg geht, der muss doch unter Realitätsverlust leiden. Das ist auch nicht das erste Jahr, in dem wir gegen den Abstieg spielen. Seit Gründung der Bundesliga hat Lautern häufiger gegen den Abstieg als um Plätze im internationalen Geschäft gespielt. Als Lautern-Fan muss man auch leiden können. Ein wesentlicher Pluspunkt im Abstiegskampf war immer die Unterstützung der Fans – auch wenn es einmal nicht so gut läuft. Wir Fans müssen der Mannschaft vermitteln, dass wir an sie glauben, auch wenn sie sich schwer tut. Auf die Spieler zu schimpfen, hilft niemanden.
Dabei finde ich, dass es viele Gründe gibt, an unser derzeitiges Team zu glauben. Ich bin mir sicher, dass wir nicht absteigen werden. Über eine gesamte Saison ist die Abwehr wichtiger als der Sturm. Unsere Abwehr hat sich nach einem schweren Start stabilisiert und in der Hinserie 21 Tore zugelassen. Nur 5 Teams haben weniger kassiert. Hoffenheim und Stuttgart mit 19 und 20 auch nur marginal weniger. Unser Problem war die teils miserable Chancenverwertung. Doch unser Team spielt sich Chancen heraus. Das ist die wichtige Grundvoraussetzung, um Tore zu schießen. Und dass wir spielerisch Teams wie Hannover, Hoffenheim und Hertha vollkommen unter Kontrolle halten, gegen Teams wie Leverkusen, Stuttgart, Wolfsburg und Hamburg mindestens gleichwertig waren und auch gegen Dortmund nicht untergegangen sind, sollte Mut machen. Auch ohne einen Goalgetter vom Format eines Huntelaar oder Pizarro könnten wir also locker 8 Punkte mehr haben, wenn wir die Spiele entsprechend der Chancenverteilung ausgestaltet hätten.
Glück hatten wir bisher nur im Spiel gegen Mainz, dafür immer wieder das Pech, dass unsere Gegner ihre wenigen Chancen eiskalt ausnutzten. Ich bin mir sicher, dass wir im Laufe der Saison auch mal wieder Glück haben. In der vergangenen Saison haben wir viele Punkte mit Glück – man könnte auch unverdient sagen – geholt. Bisher hätten wir diese Saison noch kein Glück gebraucht, um erfolgreich zu bestehen, sondern nur eine konsequente Ausnutzung unserer Chancen. Wenn unsere Mannschaft weiter so engagiert spielt, wird sich der Erfolg einstellen.
Eine wichtige Voraussetzung, um erfolgreich gegen den Abstieg zu spielen, ist die Bereitschaft, sich in jedes Spiel reinzuhängen. Abgesehen von dem Nürnberg-Spiel hat unsere Mannschaft in jeder Partie seit dem Mainz-Spiel unbedingten Willen gezeigt und bedingungslos gekämpft. Die Jungs haben scheinbar im Gegensatz zu manchen Fans von Anfang an begriffen, dass auch diese Saison gegen den Abstieg gekämpft werden muss. Deswegen bin ich mit dem Team und Marco Kurz auch sehr zufrieden, auch wenn ich es mit dem Tabellenplatz nicht bin. Deswegen unterstütze ich dieses Team auch mit Freude, und deswegen kotzt es mich an, wenn die eigenen Fans es runtermachen.
Was mich auch gegen Hannover wieder erfreut hat, war dass die Mannschaft nicht nur gekämpft hat, sondern auch gut gespielt hat. Auch gegen einen Europa-League-Teilnehmer haben wir das Spiel gestaltet, Räume gesucht und gefunden auch dadurch, dass wir es in die Breite getragen, manchmal eben auch über den Weg zurück. Es ist schade, dass viele Zuschauer dafür keinen Blick haben. Auch gegen Hannover hatten wir am Anfang das Spiel sauber und souverän nach vorne getragen und erste Chancen. Und dann kam der eine lange Ball von Hannover, den Matze Abel leider total versaut und bei dem Kevin Trapp danach in einer 1:1 Situation getunnelt wird. Danach sind wir ins Schwimmen gekommen. Die Abwehr reagierte nervös, und mit einem zweiten Riesenbock durch einen Katastrophenfehlpass von Abel, gerieten wir in große Gefahr. Doch Hannover schaffte es trotz solcher Steilvorlagen nicht, sich eine zweite Chance zu erarbeiten, auch weil die Jungs sich dann doch genügend unterstützt haben, um den letzten Pass zu verhindern. Nach der 30. Minute hatte Lautern sich wieder gefangen und erspielte sich durchaus noch Chancen, so dass es zur Halbzeit bei den Chancen 3:1 für uns stand.
In der 2. Halbzeit zeigte Lautern sich noch engagierter. Nemec gelang es deutlich besser als zuvor Kouemaha die Bälle zu behaupten, und auch über rechts konnten wir jetzt deutlich häufiger in den Strafraum eindringen. Shechter brachte Leben ins Spiel, auch wenn Felix Brych immer gegen ihn entschied. Im Abschluss war er jedoch harmlos. Auch seine letzten Pässe versandeten leider, anstatt tödlich zu werden. Anders dagegen Sahan, der ein beherztes Spiel lieferte und ein kämpferisches Vorbild für die gesamte Mannschaft darstellte. Neben seiner Vorlage bei Nemec Tor war er auch an der zweiten tausendprozentigen Chance beteiligt, als er es leider mit einem Heber statt mit einem Pass in die Mitte oder einem strammen Schuss versuchte. Hoffen wir, dass er jetzt in der Bundesliga angekommen ist. Vor der Saison hatte ich große Hoffnungen in ihn gesetzt, die leider häufig enttäuscht wurden. Vielleicht ist mit dem Tor in Dortmund bei ihm ein Knoten geplatzt. Ebenfalls eine sehr gute Partie zeigte Ollie Kirch, der das Spiel gestaltete und breit machte. Florian Dick agierte deutlich offensiver als sonst. Seine Flanken fanden jedoch leider keine Abnehmer. Die Frequenz, mit der wir vor das Tor von 96 gekommen sind – auch wenn nicht alles zu zwingenden Chancen führte – demonstrierte wie überlegen wir in der zweiten Halbzeit waren, denn 96 kam nicht mehr gefährlich vor unser Tor. Chancenverhältnis am Ende also 7:1.
Die rote Karte gegen Shechter wirkte sehr merkwürdig. Dass Shechter ein Foul begangen hat, ist unstrittig. Dieses als Tätlichkeit zu werten, erscheint mir sehr fragwürdig. Im Kampf um den Ball musste Shechter einen Körpereinsatz einstecken, den man durchaus auch als harmloses Foul werten konnte. Zwanzig Meter weiter versuchte Shechter erneut in den Kampfbereich um den Ball zu kommen und schubste einen Gegenspieler um, der ihm fünf Meter von dem ballführenden den Weg blockierte. Was Felix Brych getrieben hat, Shechter hier eine Tätlichkeit zu unterstellen, erschloss sich mir nicht wirklich.
Insgesamt haben wir also wieder mal Punkte liegen lassen, doch abgerechnet wird am Schluss, und der engagierte Einsatz der Mannschaft wird auch wieder belohnt werden. Einstellung und spielerische Fähigkeiten der Mannschaft stimmen weiterhin. Am Abschluss auch durch Standardsituationen muss weiter gearbeitet werden. Rodnei zeigte das erste Mal seit Langem keinen groben Schnitzer. Abel lieferte dagegen ein Plädoyer für Amedick in der Innenverteidigung.