Dichten – was sonst?

Einfach nur mal kurz etwas aufschreiben
sehen wie Worte es miteinander treiben
sie sich innig miteinander verbinden
und wie selbstverständlich zueinander finden
ist als Kunst nicht besonders groß
doch manchmal ist einfach nichts los
Und gibt es keine Chance sich zu kräftigen
muß man sich doch irgendwie beschäftigen
Warum also nicht mit Worten spielen
und mit einem auf das nächste zielen
Wenn sie sich vorteilhaft begegnen
tust du sie gewissermaßen segnen
Denn ihr Treffen erzeugt Gemeinsamkeit
und vertreibt die Einsamkeit
Sie erhalten einen höheren Wert
solang der Reim sich nicht wehrt

Länge ist kein Maß für Schönheit

Egal wie sehr ich auch dran feil
des letzten Gedichts zweiter Teil
wird dadurch nicht besser
und entwickelt sich zum ungeliebten Stresser
Auf sonnendurchflutete Altstadtgassen
krieg ich nichts Poetisches zu fassen
Der Zweifel der am Nutzen des unterbrochnen Trainings nagt
ist nichts was stilistisch hervorragt
und nichts was dich inhaltlich weiterbringt
Wie so denn dann ein akzeptables Gedicht gelingt
Vielleicht funktioniert ja Reduktion
indem ich den Leser vor dem zweiten Teil verschon
(zu spät)

Lord Chandos die 2.

Lieber Lord Chandos,

seien Sie traurig gegrüßt. Wieder einmal muß ich Ihnen schreiben, und es ist in der Tat ein Muß, daß ich Ihnen schreibe. Es gibt viele Gründe, nicht zu schreiben.

In diesen Tagen lernen wir, daß manche gerne so tun, als ob sie schreiben, obwohl sie in Wirklichkeit nur abschreiben.

Doch dies ist nicht der Geist des Schreibens, den ich und sie anstreben. Die Liebe zum Wort, zur Idee und zum Sprachbild sind es, die ich mit dem Schreiben zelebrieren will. Jetzt frage ich mich, warum mir dies in den letzten Wochen so schlecht gelingt. In der Vergangenheit war es meist die Inspiration, die mir fehlte. Mangelnde Kreativität erscheint mir heute als dankbarer Grund, nicht zu schreiben, denn immerhin weiß man nicht, was man nicht schreibt.

Andere würden sagen, Mangel an Kreativität sei sogar gut um zu schreiben, doch sie mißverstehen, daß ein Buch von rund 400 Seiten mit 1.200 Fußnoten und 80 teils ellenlangen nicht gekennzeichneten Passagen fremder Autoren kein Schrifterzeugnis sonder ein zusammengesetztes Puzzle oder vielleicht freundlicher ausgedrückt eine Kollektion, ein Best-Of-Album ist.

Doch ich schweife schon wieder ab, lieber Lord Chandos. Derzeit fehlt es mir gar nicht an Kreativität. Eine Vielzahl von Ideen – na gut, ich will nicht angeben: anderthalb Handvoll – wartet derzeit auf ihre Vollendung, entweder im Form einer einfachen Notiz mit Anbau in meinem Kopf oder schon zur Hälfte fertiggestellt. Dieser letzte Punkt ist es, der mich als Lüger entlarvt, wenn ich behaupte, daß mir die Zeit zum Schreiben fehlt. Es scheint wohl eher die Disziplin zu sein, die ich vermissen lasse. Was kann es geben, das mich vom Schreiben abhält? Da ich ernsthaft nur Faulheit und Mangel an Ernsthaftigkeit anführen kann, bitte ich Sie um Hilfe.

Was kann ich tun, um wieder mehr Zeit dem Schreiben zu widmen und mich weniger mit der Abschiebung von Schuld und Verantwortung bei den zahlreichen Skandalen in meinem Ministerium zu widmen. Nachdem ich kürzlich eine deutliche Reduzierung der mir Unterstellten durch den Verzicht auf freiwillig Gezwungene, äh… Eingezogene, durchgesetzt habe, gehen mir langsam die mich rettenden Sündenböcke aus. In einem Albtraum verteidigten meine Untergebenen alle abgeschriebenen Worte einer staatstragenden Dissertation, und am Ende fehlte ein Mann, um das Schlußwort des Fazits zu beschützen, so daß mich die Taliban doch noch erwischten.

Oh, ich schweife schon wieder ab und fühle mich schon wie ein guter Berg. Vielleicht ist auch dies Zeichen des Mangels an Konzentration und Disziplin. Lieber Lord Chandos, es ist allerhöchste Zeit. Bitte helfen Sie mir!

Ein halber Abschied

KeinAlkoholistauchkeineLoesung verabschiedet sich von einer Vielzahl treuer Leser, die mit der zukünftig anstehenden thematischen Umgestaltung wahrscheinlich nicht zufrieden sein werden.

Die ungewohnte Flaute an Beiträgen im September ist zwar einzig in einem Mangel an Zeit zum Windmachen begründet, wird sich aber im Bereich des Weins fortsetzen. Da ich mich beruflich verändere, kann ich zukünftig nicht mehr, ohne in Interessenskonflikte zu geraten, auf KeinAlkoholistauchkeineLoesung über Wein schreiben.

Dennoch soll der Blog weiterleben. Das vergangene Jahr hat gezeigt, daß es auch andere Themen als Wein gibt, über die ich gerne schreibe, und das will ich weiter pflegen.

Ein wesentlicher Grund, wieso ich mich für das Format des Blogs und gegen das aktive Schreiben in Foren entschieden hatte, war der, daß ich im Blog auch über sachfremde Themen schreiben kann. Dazu kam der Gedanke, daß ich mich nicht daran stören muß, ob jemand meine Beiträge gefallen. Im Blog begibt er sich in mein persönliches Refugium und muß mich aushalten.

Wer das in der Vergangenheit gut geschafft hat, wird sich hoffentlich auch in der Zukunft an dem ein oder anderenBeitrag von mir erfreuen können. Und ein schönes Glas Wein kann er beim Lesen ja auch immer noch genießen.

Jahrestag

Heute vor einem Jahr ist KeinAlkoholistauchkeineLoesung.de ins Netz gegangen. 293 Beiträge später ein guter Zeitpunkt, um zurück auf das vergangene Jahr zu blicken. Die Vielzahl an Verkostungsnotizen weisen einen Weg in die Zukunft, der garantiert, daß mir die Themen nicht ausgehen.

Daß 59 Beiträge in der Rubrik Gedicht auf der Seite entstanden sind, überrascht mich selbst. Aber es war für mich auch ein wesentlicher Grund, einen eigenen Blog zu eröffnen und nicht die vorhandenen Foren oder ähnliches zu nutzen, daß ich hier die völlige Freiheit habe, zu tun und lassen, was ich will.

Über das Laufen habe ich vielleicht etwas weniger geschrieben, als ich gedacht habe, aber ich bin auch deutlich weniger gelaufen, als ich erwartet habe.

Was vielleicht etwas schade ist, ist die Tatsache, daß nur 63 Kommentare geschrieben wurden. Aber ich werde sicher weiterhin genug Stoff haben, die Seiten zu füllen zu Themen, die mir durch den Kopf gehen. Am liebsten natürlich zu solchen, die über den Mund in den Kopf eintreten und ihn durch den Hals wieder in Richtung Magen verlassen.

Zu den Höhepunkten des vergangenen Jahren gehört für mich auch die Leichtathletik-WM, die Reise an die Nahe, der 2005er Winninger Röttgen, der 2000er Chateua-Neuf-du-Pape von Beaurenard, sowie diverse Weinproben.

Den lieben Lesern halte ich das Glas entgegen und rufe ihnen zu: „Auf das nächste Jahr.“

Türsteher-Blues – 8

Was für ein elender Dreck
Schon wieder müssen wir weg
Nie tut er uns reinlassen
Ich könnt den Kerl echt hassen

Doch zu jammern hat kein Zweck
Gehn wir das Geld woanders verprassen
An der Tanke hol ich ein Sixpack
und bring es zu den Kassen

Das Bier kostet hier nicht so viel
doch es führt nur bedingt zum Ziel
statt hübsche Mädels anzusprechen

können wir allein Dosen stechen
Dieser Ort hat sicher keinen Stil
doch uns reichen diese Parkflächen

Trockensucht

Sprachlich normal gepolte Menschen gehen ja davon aus, daß das Gegenteil von trocken naß ist. Für Weintrinker ist das Gegenteil von trocken jedoch süß. Ob süß jetzt in einer Verbundenheit mit der Tatsache steht, daß für andere Alkoholabhängige das Gegenteil von trocken der Normalzustand – die Sucht – ist, kann ich nicht mit Bestimmtheit abschließend beantworten. Es fällt jedoch auf, daß seit den großen Weinskandalen der 80er immer mehr Weine dem Zwang unterliegen, trocken werden zu müssen. Dafür hat der Konsument mit seiner Marktmacht aus Angst vor den krankhaft gepanschten Süßweinen gesorgt.

Die Trockensucht der Konsumenten ging soweit, daß Winzer gezwungen sind, trockene Weine zu erzeugen und trotz der geringer gewordenen Menge an süßen Weinen Schwierigkeiten haben, diese zu verkaufen. Dies finde ich sehr bedauerlich, sind süße Weine doch mit deutlich höherem Aufwand in der Produktion verbunden als trockene, so man nicht – wie beim Weinskandal – ein bißchen panscht. Die Nonchalance, mit der ein Moselwinzer mir erklärte, in 2008 keine trockenen Weine erzeugt zu haben, weil die Spontanvergärung mit den Naturhefen vorher gestoppt habe, wirkt da völlig aus der Zeit. Ein solche Verkostung läßt dann manchmal die Zeit stillstehen oder dreht sie zurück.

Wohlgemerkt eine Zeitreise, die ich gerne mache, denn das Erlebnis, dichte, ja fast ölige Wiene mit einer überbordenden Fruchtfülle zu genießen, ist für mich ein Gaumenkitzel ganz besonderer Art.

Keineswegs wünsche ich mir, daß nur süße und liebliche Weine produziert werden, aber ich glaube, daß die Trockensucht dazu führt, regional typische Weine zugunsten eines trockenen Einheitspreis zu verlieren. Die Fruchtigkeit, die Weinen von der Nahe und vom Mittelrhein zu eigen ist, kommt am Besten in restsüßen oder halbtrockenen Weinen zur Geltung. Auch um solche Weine zu verschleiern, haben Winzer die Marke feinherb erfunden, bei der ich eher an ein frischgezaptes Jever denke als an einen Wein mit mehr als 18g/l Restzucker.

Die würzigen Weine der Pfalz und Rheinhessens mögen für den trockenen Ausbau ebenso prädestiniert sein wie die Burgunderrebsorten Badens, aber ist das dann nicht auch Bestandteil ihrer regionalen Typizitäten?

Diese regionalen Typizitäten und damit die Vielfalt des Weins zu erhalten, sollte ein Anliegen von Weintrinkern sein. Die blinde Trockensucht dagegen ist geeignet, regionale Typizitäten zu zerstören.

Sprachlich normal gepolten Menschen möchte ich zum Abschluß als weiteres Mysterium der Weinsprache mitgeben, daß nicht von der Trockensucht befallene Weintrinker gerne die gut integrierte Säure in einem süßen Wein loben.

Denk ich an den Euro in der Nacht…

Vielleicht wäre der zwanghafte Europäer Heinrich Heine erbost zu lesen, wie ich seine Worte vergewaltige, aber die derzeitgen Entwicklungen der Eurozone und insbesondere die Reaktionen der Politik sind in der Tat geeignet, die Bürger Deutschlands und Europas um den Schlaf zu bringen.

Fangen wir mal hinten an, sprich heute, und kämpfen uns zurück bis zu den Maastrichtbeschlüssen.

Bei dem von den Eurostaaten verabredeten Programm handelt es sich mitnichten um ein Stabilisierungspaket. Ziel der Maßnahmen ist eine wirksame Drohgebärde gegen Spekulanten. Dies klingt vielleicht noch schön und gut, doch was steckt hinter dieser Phrase der Politiker?

Eigentlich geht es den Politikern darum, den Staatsbankrott einzelner Länder der EU-Zone zu verhindern, indem durch das 750 Milliarden Paket klargestellt wird, daß in der EU das Prinzip „Alle für Einen“ gilt und die „gesunden“ Staaten dem Einen in Not geratenen mit günstigen Krediten aus diesem 750 Milliardenpaket zur Seite springen.

Lassen wir für einen Augenblick außen vor, woher diese 750 Milliarden eigentlich kommen und widmen uns der viel interessanteren Frage, wieso es dazu kommen soll, daß ein Staat Europas in die Notsituation kommen kann, auf diese 750 Milliarden zugreifen zu müssen.

Für die Finanzierung seines Haushalts zieht ein Staat von seinen Bürgern Steuern ein. Langen die Steuern nicht zur Begleichung der Ausgaben des Haushalts, muß der Staat diese Ausgaben anderweitig decken – durch Schulden. Der Staat gibt also Staatsanleihen aus, die er durch Zinszahlungen tilgt. Die Höhe der Zinszahlungen, die der Staat an seine Gläubiger zu zahlen hat, richtet sich dabei genau wie bei privaten Schuldnern auch nach seiner Glaubwürdigkeit als Schuldner. Geht der Gläubiger sicher davon aus, daß der Staat den Kredit zurückzahlt, ist er bereit sich mit einem geringen Kredit zu Frieden zu geben. Macht er sich dagegen Sorgen, ob sein Kredit zurückgezahlt werden, wird er einen Risikoaufschlag verlangen aus Angst darum, daß er einen Ausfall des gegebenen Kredits mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu beklagen hat und Geld verlieren könnte.

Muß jetzt ein Staat für die Begleichung seiner Zinszahlungen neue Schulden aufnehmen, gerät er langsam in eine Schuldenfalle. Ratingagenturen beurteilen, inwieweit die Finanzierung eines Staats auf soliden Füßen steht, indem sie die Fähigkeit des Staats Steuern zu erheben gegen seine Verpflichtungen als Leistungserbringer und Schuldner stellen. Nimmt das Gewicht auf der Waagschale der Verpflichtungen stärker zu als das Gewicht auf der Schale der Steuern setzen sie die Bonität des Staats herab. Der Markt reagiert, wie es jeder potentielle Gläubiger tun würde. Er verlangt für zukünftige Kredite vom Staat einen Risikoaufschlag. Ist ein Staat in so einer Situation bereits zur Tilgung seiner Schulden darauf angewiesen, neue Kredite zu jetzt schlechteren Konditionen aufzunehmen, sitzt er ganz tief in der Schuldenfalle, die durch die noch höheren Zinszahlungen sich weiter verschlechtern würde. Der Markt merkt dies und verlangt einen noch höheren Risikoaufschlag…, bis es dem Staat unzumutbar erscheint, zu diesen Konditionen Schulden aufzunehmen.

Jetzt würde ein Privatmann mit seinen Gläubigern über Stundungen, Streckungen etc. reden und möglicherweise in der Insolvenz landen. In derInsolvenz wird der Privatmann gnadenlos auseinander genommen, muß das letzte Hab und Gut den Gläubigern überlassen, bis am Ende der Gläubiger vor die Tatsache gestellt wird, daß er einen Teil seines Geldes nicht zurückbekommt. Dieser Teil der Schulden wird dem Privatmann tatsächlich erlassen.

Die Staaten Europas, die in eine solch unangenehme Situation kommen, wollen stattdessen auf die reichen Verwandten zugehen und diese Kredite zu günstigeren Konditionen aufnehmen lassen, auf die die Staaten in Not dann aus dem „Stabilisierungsfond“ zugreifen können. Soweit der Plan, und jetzt hab ich doch gesagt, woher das Geld kommt, obwohl ich dazu eigentlich viel später kommen wollte.

Wichtig ist mir an dieser Stelle vor allem eins. Wie konnte es azu kommen, daß ein Staat in diese Situation kommt? Es ist ähnlich wie beim Privatmann – Fehleinschätzungen der eigenen wirtschaftlichen Entwicklung, unternehmerisches Pech und das Leben über den eigenen Verhältnissen dürften die Hauptgründe sein.

Was tut Europa dagegen, daß ein Staat überhaupt in diese Situation kommt? Der alte Finanzminister Waigel würde sagen: eine Menge. Die Maastricht-Kriterien(max. 60% des BSP als Gesamtschulden und max. Defizit des Haushalts von 3% durch Neukredite) sind Zeichen eines soliden Wirtschaftens. Staaten, die diese Kriterien erfüllen, geben dem Markt ein Signal, daß sie vertrauenswürdige Schuldner sind und erhalten Kredite zu günstigen Krediten. Gleichzeitig erweisen sie sich auch als vertrauenswürdige Schuldner, indem sie solide mit dem Geld umgehen.

Auch wenn ich jetzt bei Maastricht angelangt bin, bin ich noch lange nicht fertig, sondern drehe die Uhr zurück auf Krisenzeit, also den 11.05.2010, wo wir feststellen, daß es Staaten in der Eurozone gibt, welche die Maastrichtkriterien nicht erfüllen und sich für die Teilnahme am Euro eigentlich nie qualifiziert haben, weil sie diese nur durch Fälschen der eigenen Bilanzen erlangen konnten.

Wenn jetzt diese Staaten in die Situation geraten, daß ihre Bonität von Ratingagenturen herabgesetzt wird und daß ihre Neukredite teurer werden, ist dies zunächst einmal ein Zeichen, daß der Markt ihnen auf die Schliche gekommen ist und ihnen nicht mehr traut.

Die Regierungen Europas haben lange hin und her laviert, wie sie mit dem Sündenfall Griechenland umgehen sollen. Sie haben sich m.E. für die schlechteste Lösung entschieden. Griechenland muß nicht das Gespräch mit seinen Gläubigern suchen und einen eigenen Weg finden, mit seinen Schulden umzugehen, an dessen Ende durchaus ein Teilerlaß der Schulden stehen könnte. Ein Ausstieg aus dem Euro wird Griechenland auch „verwehrt“, obwohl dieser Griechenland die Kontrolle über seine Währung zurückgeben würde und mit der Abwertung der eigenen Währung ein Instrument zur Verfügung stellen würde, die Schuldenlast neuer Schulden weniger drückend zu gestalten.

Der Regierung Griechenlands ist es hoch anzurechnen, daß sie so glaubhaft vermittelt hat, einen harten Sanierungskurs einzuschlagen, das im eigenen Land ein Bürgerkrieg begonnen hat. Diese harte und kompromißlose Haltung gegenüber der eigenen Bevölkerung war es wohl, welche die Regierungen Europas bewogen hat, Griechenland mit günstigen Krediten zur Seite zu stehen, wobei ich dies im Gegensatz zu der Mehrheit als Bärendienst an Griechenland empfinde.

Der Markt reagierte leider nicht, wie von den Politikern gewünscht. Er brach weiter ein, und der Kurs des Euro gegenüber dem Dollar gab deutlich nach. Offensichtlich war die Kreditzusage an Griechenland nicht geeignet, den Markt davon zu überzeugen, daß die in Teilen Europas ausgegebenen Anleihen noch sicher waren. Hinzu kommt, daß ein Sparpaket, wie in Griechenland die Aussichten der Wirtschaft auf Wachstum dämpft, und genau diese bestimmen zum größten Teil den Wert von Aktien. Der Einbruch des europäischen Markts besaß also neben dem Vertrauensverlust eine gewisse rationale Logik auf die Ereignisse.

Aus Panik vor einer sich ausbreitenden Panik am Markt handelten die Politiker in Panik und schufen das Stabilisierungspaket als Maßnahme gegen die Panik.

Und genau das ist es. Renate Künast sprach von einer Brandschutztür. Kein schlechtes Bild. Es sagt aus, daß ein Brand in einem Staat ausgebrochen ist, und wir die Tür verriegeln, damit nur dieser Staat verbrennt. Unabhängig von ihr fiel mir ein anderes Bild ein, das an Griechenlands Brandkatastrophen erinnert. Das Stabilisierungspaket ist eine gewaltige Investition in die Aufrüstung der Feuerwehr. Investitionen in den Brandschutz und Brandverhütungsmaßnahmen bleiben aber aus.

Frau Merkel reiste letzte Woche zu einem EU-Gipfel mit markigen Forderungen, einem Land gegebenfalls das Stimmrecht zu entziehen, falls es gegen die Maastricht-Kriterien verstoße. Unbemerkt ließ sie diese Idee wieder fallen und zauberte stattdessen das Stabilisierungspaket aus dem Hut.

Dabei ging ihre Forderung in die richtige Richtung. Das Einhalten der Maastricht-Kriterien ist ein Zeichen soliden Wirtschaftens. Die derzeitige Krise muß die Fragen aufwerfen. Wie können wir die Einhaltung der Maastricht-Kriterien besser kontrollieren und uns nicht wieder hinters Licht führen lassen? Was für Maßnahmen muß ein Staat über sich ergehen lassen, wenn er die Kriterien nicht erfüllt? Kann ein Ausschluß aus dem Euro eine Konsequenz sein?  Reichen die Maastricht-Kriterien aus, oder sind sie zu weich? Brauchen wir weitere Indikatoren, die ein solides Wirtschaften des Staats signalisieren und seine Stabilität garantieren? Die Antworten auf diese Fragen sind es, die die langfristige Stabilität der Eurozone und der ihr zugehörigen Staaten garantieren.

Daß diese Fragen nicht angegangen werden, sondern stattdessen ein gigantischer Zaubertrick vorgenommen wird, erfüllt mich mit großer Sorge um die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands und Europas. Ich bin beinahe geneigt der Bild-Zeitung zuzustimmen, als diese heute titelte: „Wir sind wieder mal die Deppen Europas.“ Sicher haben alle vom Euro profitiert – gerade auch der ehemalige Exportweltmeister Deutschland, dessen Außenhandel durch den Euro massiv erleichtert wurde.

Aber mir ist bis jetzt noch nicht nahe gebracht worden, wie die Schwierigkeiten eines Staats der Eurozone den Euro selbst in Schwierigkeiten bringen können. (Wer die Antwort hat, darf gerne einen Kommentar schreiben). Im Gegenteil, hätte man Griechenland seine Schwierigkeiten selbst lösen lassen, hätte man m.E. die Glaubwürdigkeit des Euros und der Unabhängigkeit der europäischen Zentralbank gestärkt.

So hat man durch die Hilfe an Griechenland das geschaffen, was man in der Wirtschaftwissenschaft „moral hazard“ nennt. Und zwar in vielfältiger Weise. Die Griechen können nun versucht sein, ihre Sparanstrengungen weniger rigoros zu gestalten, weil sie sich ja auf ihre Nachbarn als Spender, (O.K. das ist polemisch, Gläubiger bzw. Bürgen ist korrekt) verlassen können. Die anderen gefährdeten Staaten Europas sind weniger geneigt, ihre Finanzen in Ordnung zu bringen, weil sie ja sehen, daß Griechenland geholfen wurde. Und die Gläubiger sind gerne bereit, unsoliden Staaten der Eurozone Geld zu günstigen Konditionen zu leihen, da sie sich auf die anderen Staaten Europas verlassen. Die günstigen Konditionen sind wiederum dazu geeignet, mehr zu leihen, als man verkraftet. Da fragt man sich, wo das enden soll.

Der Finanzmarkt hatte dies durchschaut, und genau deswegen reagierte er auf die Griechenlandhilfe negativ. Mit dem Stabilisierungspaket wurde ihm jetzt eine solche Masse an Geld entgegengestellt, daß er die Verbindlichkeiten erstmal als sicher ansieht und kurzfristig beruhigt ist, weil er jetz weiß, daß Europa im Brandfall eine gute Feuerwehr hat.

Leider verstärkt das Stabilisierungspaket das oben erwähnte Moral hazard nur noch weiter. Und in der Tat hatte ich den Eindruck, daß keiner von Europas Staatsführern jetzt noch gewillt ist, darüber zu sprechen, was die Ursachen der Krise waren, und wie das Aufkommen dieser Brände verhindert werden kann.

M.E. machen es sich die Politiker zu leicht, wenn sie die Spekulanten als die bösen Brandstifter hinstellen(Bei anderer Ansicht bitte einen begründeten Kommentar). Die Spekulanten hatten einen gewaltigen Anteil an der Finanzmarktkrise, und es war schockierend und beängstigend zu erkennen, welche Dimensionen ihr Anteil am Marktgeschehen eingenommen haben und wie Spekulanten geeignet sind, die Entwicklungen des Markts in extremere Richtungen zu verschärfen. In der aktuellen Krise waren sie aber m.E. allenfalls das – ein Verstärker. Die Reaktion des Markts auf die Aktionen der Politik ist für Ökonomen m.E. schlicht und einfach eins – nachvollziehbar. Angesichts der Tatsache, daß ein Staat der Eurozone vor dem Bankrott steht, erscheinen diese Reaktionen nicht einmal übertrieben.

Viel wäre noch zu sagen, etwa über die Staatsverschuldung Deutschlands, welche die letzten vier Finanzminister nicht in den Griff bekommen haben oder noch wichtiger über die Aufgabe der Souveränität der EZB dadurch, daß diese zukünftig Ramschanleihen Europas aufkaufen muß, was den Maastrichter Stabilitätspakt ad absurdum führt, doch für einen Blog habe ich wohl schon viel zu lange geschrieben. Also bleibe ich bei Heine: Denk ich an den Euro in der Nacht…

aus der U-Bahn

arbeitest selten verbissen
fühlst dich hin und her gerissen
Noch während Ideen ineinander fließen
tut schon die nächste aus dem Boden sprießen
Keine kann sich festsetzen
da sie sich zu sehr hetzen

Kein Plan kann fertig ausreifen
weil Gedanken schnell abschweifen
Teamwork wird zur Tugend
da der Geist der Jugend
sich schnell wieder abwendet
und nichts allein vollendet

Woran denkst Du gerade?

Wer weiß, wie viele Männer schon von dieser scheinbar harmlosen Frage aus der Fassung gebracht und zu einem lakonischen „Nichts.“ gezwungen wurden? Die lieben Frauen, die diese Frage wahrscheinlich wirklich ohne böse Absicht gestellt haben, schwanken aufgrund dieser Antwort ja zwischen zwei zweifelslos deprimierenden Interpretationen. Entweder sie beschäftigen sich gerade mit einem grenzdebilen Volltrottel, der nicht denkt, oder sie werden gerade angelogen, und welchen Grund außer Untreue könnte der Mann haben sie anzulügen.

Die erste Interpretation ist selbstverständlich in den allermeisten Fällen falsch, und schlimmer noch sie ist auch falsch gedacht. Würde der Mann es tatsächlich schaffen, an Nichts zu denken, sollte die Frau ihn eher aufgrund seiner Weisheit und seiner Fähigkeit zur Spontanmeditation bewundern, was auch wirklich bewundernswert wäre, gelingt ihm dies doch neben einer aus vielerlei Gründen ablenkenden Frau. Aber natürlich trifft auch dies in den allermeisten Fällen nicht zu. Vielmehr ist die zweite Interpretation in den allermeisten Fällen richtig, aber…

Aber, und dies erfordert einfach einen neuen Satz, damit das aber großgeschrieben werden kann, der daraus gezogene Schluß ist in den meisten Fällen falsch. Untreue Gedanken durchlaufen das Männerhirn meist nicht in Anwesenheit der eigenen Frau. Wozu auch? Um kurz in die Anthropologie abzuschweifen, die Garantie zur Fortpflanzung hat der Mann ja gerade an seiner Seite, es besteht also in diesem Moment kein akuter Bedarf  einer anderen Frau nachzujagen.

Der Grund, wieso der Mann ein ausweichendes „Nichts.“ hervorlügt, ist vielmehr der, daß die Gedanken, die in diesem Moment durch seinen Schädel huschen zu peinlich sind, um sie auszusprechen und schon gar nicht vor einer Frau. Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht eine selbstverständlich unvollständige und beliebig erweiterbare Liste zu beginnen, damit bei Euch, liebe Frauen, bei dem nächsten „Nichts.“ nicht die Alarmglocken schrillen.

– Ob Schumi morgen in Japan gewinnt?
– Wie krieg ich den Chef davon überzeugt, die Abmahnung zurückzunehmen?
– Ob sie es merkt, wenn ich heute um drei aufstehe, um mir das Rennen anzusehen?
– Wovon soll ich eigentlich die nächste Miete zahlen?
– Sollte ich sie doch fragen, ob sie auf Analsex steht?
– Wie schaffe ich es, daß ich um drei aufwache, ohne den Wecker zu stellen?
– Was kann ich dagegen tun, daß ich am Montag wieder im Büro einschlafe?
– Vielleicht könnte ich ihr nachher ein Schlafmittel in den Drink mischen…
– Eigentlich darf ich mich nur nicht wieder vom Chef beim Schlafen erwischen lassen…
– Sie guckt schon wieder so komisch…
– War es wirklich klug von Schumi zurückzukehren?
– Und wie krieg ich sie jetzt ins Bett?
– Dieser elende Manfred hat tatsächlich ein Bier mehr als ich getrunken.
– Das Auto gefällt mir.
– Hoffentlich fliegen die Bayern nachher raus. Dann können wir anstoßen.
– Ob ich mir die Beförderung vermasselt habe?
– …

Wie Ihr seht, liebe Frauen, alles kein Grund, sich irgendwelche Sorgen zu machen. Euer Mann ist zwar peinlich, aber zum Glück weiß er das sogar manchmal und hält lieber sein Maul.

Liebe Männer, nicht alle Frauen werden diesen Beitrag lesen! Und es besteht die Gefahr, daß gerade Eure Frau eine ist, die diesen Beitrag nicht gelesen hat und nach Eurem „Nichts.“ sich lauter unnötige oder berechtigte Sorgen macht und am nächsten Tag einen Privatdetektiv auf Euch ansetzt. Wenn Ihr das nicht wollt, solltet Ihr Euch ein paar Alternativantworten überlegen. Selbstverständlich kommen die aus der obigen Liste nicht in Frage, aber vielleicht:

– An dich Schatz. Ich denke immer an dich. /*Achtung diese Antwort ist gefährlich, sie fordert ein „Woran genau?“ geradezu heraus. Also gut eine Ergänzung überlegen, z.B. */
– Das Kleid/die Bluse/ die Jacke/ die Frisur steht dir besonders gut.
– An die Arbeit. /*Achtung auch diese Antwort erfordert eine Ergänzung, z.B. */
– Kollege Schmitt/Meier/Müller ist wirklich ein Arsch.
– Der Wein vorhin war wirklich gut. Was war das doch gleich für einer?
– Das Essen hat herrlich geschmeckt. Besonders die zerkochten Nudeln hast du gut hingekriegt.
– Ist deine Schwester eigentlich wieder schwanger? Ich finde sie hat (ganz schön) zugelegt.
– Ich mache mir Sorgen um Marc-Kevin. Meinst du, er ist schwul?
– Ich denke einfach nur was für ein herrlicher Abend das ist.
– Ich denke, wie schön es ist, daß wir mal wieder zu zweit sind.
Für besonders Wagemutige:
– Ich glaube, deine Mutter mag mich nicht /*Achtung, diese Antwort ist mit sehr hoher Streitwahrscheinlichkeit verbunden*/
– Die Kleine da vorne hat einen süßen Arsch /*Manche Frauen belohnen einem ja solche Ehrlichkeit, auch wenn sie gelogen ist*/
– Ich überlege mir heut Nacht das Formel 1 Rennen anzuschaun.

Falls jetzt jemand unter Euch ist, der berechtigte Gewissensbisse hat, seine Frau oder Freundin anzulügen, möchte ich diesen daran erinnern, daß auch das „Nichts.“ eine Lüge war, um den tatsächlichen Gedanken aus Liste 1 auszuweichen. Nichts anderes ist das Ausweichmanöver mit den Antworten aus Liste 2, nur daß die Frau weniger beunruhigt oder verärgert über diese Lüge ist als über das „Nichts.“.

Liebe Frauen. Wahrscheinlich habt Ihr schon längst vor diesem Beitrag gemerkt, daß das „Nichts.“ nichts Schlimmes bedeutet, und Ihr Euch dann beruhigt zurücklehnen könnt. Vielleicht ist es aber eine noch bessere Alternative auf das „Woran denkst Du gerade?“zu verzichten. Ich verstehe natürlich, daß ihr die Aussicht auf ewige Stille nicht berauschend empfindet, und stelle Euch gerne einige alternative Fragen, mit denen Ihr Euren Mann weniger zu einem gesprächsabwürgenden „Nichts“ zwingt:

– Wie läufts eigentlich bei der Arbeit?
– Bist du nicht auch stolz darauf, wie schön Marc-Kevin malt?
– Gefällt dir das Kleid/die Bluse/die Jacke?
– Tut mir leid, daß das Formel 1 Rennen heute Nacht so spät läuft.
– Hat der Wein nicht toll geschmeckt? Was war das doch gleich noch für einer?
– Ist der Abend nicht herrlich?
– Hoffentlich fliegen die Bayern nachher raus. Dann können wir anstoßen.
– Ist es nicht schön, daß wir endlich mal wieder zu zweit sind?
– Was war denn das für ein Brief von deiner Firma?
– War es wirklich klug von Schumi zurückzukehren?