Bundestagswahl 2009 – die letzte

Der aufmerksame und ausdauernde Leser mag sich ziemlich sicher sein, was ich gewählt habe. Ich weiß jetzt nicht, ob es ihn arg enttäuscht, wenn ich mein Wahlgeheimnis dermaßen lüfte, daß ich nicht SPD gewählt habe. Der aufmerksame und ausdauernde Leser kann sich sicher nicht vorstellen, daß ich die zukünftige Regierung gewählt habe. Und hierbei irrt er nicht. Als überzeugter Wechselwähler innerhalb des links-liberalen Lagers kommt diese Position für mich tatsächlich nicht in Frage.

Wenn ich nun meine Wahlkommentare einstelle, geschieht dies insbesondere deswegen, weil die Wahl vorbei ist. Wir, die wir gewählt haben und noch vielmehr ihr, die ihr nicht gewählt habt, müssen das Wahlergebnis akzeptieren. Daß die Wahlbeteiligung bei gerade mal 70,8% lag und damit jeder Vierte von Euch nicht gewählt hat, finde ich besonders erschreckend. Gerade die Nichtwähler sind doch dafür verantwortlich, daß sich ein „Weiter So.“ und ein „Vorwärts in den Abgrund“ in der Politik halten kann. Wem die Zahl 70,8% noch nicht genug erschreckt hat, dem kann ich mit weiteren Zahlen dienen. Während in Hamburg der Schnitt erreicht wurde, lag die Wahlbeteiligung in meinem Stadtteil bei 60,8% und in Billbrook bei gerade einmal 40,6%, was den 42,2% aus meinem Wahlbezirk ziemlich nahe kommt.

„Mehr Demokratie wagen.“ hieß es einmal bei Brandt, und er meinte damit die Abkehr von einem obrigkeitsorientierten Denken und das Kappen der letzten autoritären Institutionen der BRD. Heutzutage scheinen sich die Bürger immer weniger bereit Demokratie zu wagen. Sie trauen sich nicht einmal mehr zur Wahl. Eine APO existiert auch nicht mehr, seitdem die Demonstrationskultur erschlafft ist und verballhornisiert wurde. In den letzten Jahren hörte man Philosophen und wissenschaftliche Politologen von der Demokratisierung durch das Internet faseln, doch ich fürchte diese Utopie existiert nur in ihren Träumen.

Das Internet ist ein weiteres Medium, dem es allenfalls gelingt, die ohnehin Interessierten noch besser mit Informationen zu versorgen. Gleichzeitig ist es aber auch ein weiteres Medium, das für Ablenkung und Zerstreuung sorgt. Es ist wirklich eine der Sachen, die mich am Nachdenklichsten stimmen, daß seit dem Umzug von Bundestag und Regierung in die Hauptstadt nach Berlin eine viel größere Transparenz in der Politik eingekehrt ist und der Bürger viel besser über die Skandale der Republik informiert wird, während gleichzeitig die Konsequenzen aus diesen Enthüllungen minimal sind. Die Barschelaffäre wäre heutzutage keine Affäre mehr, sondern ein nettes Anekdötchen, für das sich Uwe Barschel einmal kurz und reumütig entschuldigt hätte und anschließend weiter gemacht hätte und noch schlimmer, trotzdem wieder gewählt worden wäre. Die lethargische Gesellschaft, die dies mit sich machen läßt, und es durch sein Nichtstun sogar unterstützt, macht mich fast noch betrübter als die dreistdummen Politiker. Ob dies ein Zeichen von Dekadenz oder ein Zeichen von Dummheit oder noch etwas anderes ist, weiß ich nicht. Vielleicht ist das daran Verzweifeln auch nur ein Zeichen meiner Arroganz.

Wenn ich à la Schröder in meinen letzten beiden Kommentaren etwas nachgetreten habe, tut mir dies natürlich nicht leid. Ich beabsichtige auch zukünftig, nicht die Klappe zu halten und die Politiker zu beschimpfen, ungeachtet davon, ob sie in der Regierung oder in meinem Flügel der Opposition sitzen. Ich werde also auch zukünftig meinen unabhängigen unparteiischen Senf zu aktuellen politischen Fragen abgeben, allerdings sicher nicht mehr so gehäuft wie vor der Wahl – schließlich ist dies „noch ein Wein-Blog“. Das Label unter dem ich dies tue, steht auch noch nicht fest. Eine erste Idee lautet „Legislaturperiode 09-??“, eine andere Möglichkeit wäre „Die Zuckerpuppe von der Schwarzgeldtruppe – Episode 2.0“, aber das wäre geklaut vom Starkbieranstich auf dem Nockerlberg. Für Vorschläge bin ich auf jeden Fall offen, solange nicht „Ähngieeeeeee“ im Titel vorkommt, schließlich ist immer noch nicht endgültig geklärt, ob Mick Jagger den Song nur geschrieben hat, um David Bowies damalige Frau ins Bett zu kriegen. „Iiiiimaaaahn“ wäre da heutzutage wohl doch eindeutiger.

Sollten keine guten Vorschläge eingehen, und mir auch nichts Besseres einfallen, kann ich mich natürlich immer noch an den aktuellen Themen orientieren, etwa „Gesundheitsfond geschlossen – Krankenhäuser auch“.

Solltet Ihr an dem Treiben der Politiker in den nächsten Jahren doch zu sehr verzweifeln, möchte ich Euch das Motto der Website ins Gedächtnis rufen. Kein Alkohol ist auch keine Lösung.

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