Was für ein Gefühl ist es, in Tokio unter die Dusche zu gehen? Der von vermeintlichen „Angsthasen“ ausgehende Gestank erscheint doch als die geringste Sorge. Wie ist es, bei Regen sich nicht um die Frisur sondern um die eigene Gesundheit zu sorgen? Kann oder will sich jemand ausmalen, wie eine Metropole wie Tokio plötzlich menschenleer vor sich hin vegetiert, weil wir doch kein Glück haben und sie nicht verschont wird? 250 km Entfernung sind ein kosmischer Witz im Kampf gegen die Natur.
Das Erdbeben und der Tsunami haben die Macht und die Gewalt der Natur aufs Deutlichste gezeigt, doch jetzt sind es solche Banalitäten wie Wind und Regen, die Strömung des Flusses, die Millionen Menschen bedrohen. Ich finde es beklemmend zu sehen, wie die kurz-, mittel- oder langfristig tödliche Bedrohung der Radioaktivität in den Alltag von Millionen Menschen einzieht. Wie kann man die Gefühle der Menschen beschreiben, die damit leben müssen? Werden sie von der Angst gelähmt? Was treibt sie an, weiter zu machen und nicht aufzugeben, wo Flucht doch ein natürlicher Reflex zu sein scheint?
Schrecklich muss die Ungewißheit sein, die von der unüberschaubaren Lage im AKW Fukushima ausgeht. Nicht zu wissen, wie schlimm die Lage wirklich ist und welche Gefahren bei einer falschen oder sogar bei der richtigen Windrichtung auf einen lauern, scheint ein normales, unbeschwertes Leben nahezu unmöglich zu machen. Die Gefahr, die über allen schwebt, erscheint nur schwer erträglich. Die Katastrophe, die Japan immer noch heimsucht, versetzt das Land in einen emotionalen Ausnahmezustand.
Die Bedrohung, die über den Japanern schwebt, kann ich immer noch nicht begreifen. Sie läßt mich sprach- und fassungslos bleiben. Es ist schwer zu verstehen, wie wir unser normales Leben weiter führen, während die radioaktive Gefahr immer noch Millionen Menschen bedroht.