Nahe-Reise (1): Ankunft – fast ohne Wein

Kann es etwas Spießigeres geben, als im Urlaub zu wandern? Hügel hinauf zu steigen, an Flüssen entlang zu spazieren, zwischendrin einen Abstecher zur Weinverkostung beim Winzer einzulegen und eine der vielen Kureinrichtungen zu besuchen?

Glücklicherweise ist mir dann und wann egal, was man von mir denkt, und so lautet meine Gegenfrage:
Kann es etwas Entspannenderes geben, als sich in Natur zu begeben, diese auf sich wirken zu lassen, gute Tropfen zu genießen, selbstverständlich einen als Wegzehrung für die unzähligen Genußpausen mitnehmen und die Seele baumeln lassen, während die Hitze den schwitzenden Körper reinigt?

In diesem Urlaub suchte ich vor allem Entspannung. Die Reise in ein von ländlicher Ruhe geprägtes Weinanbaugebiet schien mir daher eine natürliche Entscheidung zu sein. Nach kürzerem Hin und Her entschied ich mich gegen die Mosel und für die Nahe. Zwar war ich in beiden Weinbaugebieten noch nicht vor Ort, aber über die Weine der Nahe habe ich zur Weinleidenschaft gefunden, so daß es mir lohnenswert schien, diesen Ursprung meiner Faszination Wein näher auf die Spur zu kommen.

Die erste böse Überraschung erlebte ich am Vortag der Reise, als ich bei der drei Wochen zuvor im Internet gebuchten Unterkunft in Traisen meine Ankunftszeit für den Folgetag bekanntgeben wollte und dort erfuhr, daß man von meiner Buchung nichts wisse. Man habe zwar irgendwie eine Anfrage der Plattform erhalten, diese aber abgelehnt und jetzt auch kein Zimmer zur Verfügung. Den Betreibern der Internetplattform sagten sie dagegen, sie hätten nie eine Anfrage erhalten…

Eine böse Beschwerde E-Mail später begab ich mich auf die Suche nach einer alternativen Unterkunft. Interessanterweise hatte laut Internet mein ursprünglich gebuchtes Gasthaus immer noch ein freies Zimmer…

Einen hektischen Anruf bei der nächsten Unterkunft später hatte ich ein Zimmer in Bad Münster reserviert. Die Anreise zum Hotel Burgblick verlief reibungslos, und bezüglich des Blicks verspricht der Name des Hotels wirklich nicht zu viel, wie das aus meinem Fenster geschossene Photo in Richtung Ebernburg beweist.

ebernburg.JPG

Am Abend erkundete ich noch ein wenig die Umgebung, wobei natürlich das Rotenfelsmassiv besonders beeindruckte und die Gegend trotz der Ebernburg klar dominiert.

rotenfels.jpg

Der nächste Tag war der Sonntag. Da die allermeisten Winzer ebenso wie normale Geschäfte am Sonntag keine Kunden empfangen, mußte ich ein Alternativprogramm wählen. Dies fiel nicht weiter schwer.

Ich begann damit Bad Münster zu erkunden. Es wurde mir deutlich, wie sehr der Ort von seiner Umgebung abhängig ist. Bad Münster selbst ist nicht sonderlich schön. Es gibt keine besonders schöne Altstadt oder eindrucksvolle Kirchen. Auch der Kurgarten wirkt eher kümmerlich. Schön ist es dagegen entlang der Nahe zu spazieren die steilen Felsen zur Ruine Rheingrafenstein hinauf zu blicken. Was mich etwas überraschte war, wie wenig der Ort den Fluß touristisch nutzt. Wer das geschäftige Treiben aus Boppard am Rhein kennt, wo sich ein Andenkenladen ans nächste Café reiht, versteht was ich meine. Hier war ich zwar außerhalb der Saison vor Ort, doch ich sah keine Cafés oder sonstige auf Besucher ausgelegte Geschäfte am Ufer, und das obwohl die Häuser direkt an der Uferstraße stehen.

Nach der Erkundung der Stadt machte ich auch einen Spaziergang hoch zur Ebernburg der Heimat von Franz von Sickingen dem Verfechter der Freiheit des Glaubens. Die Burg wurde 1697 geschliffen und anschließend 1849 wieder aufgebaut. Von hier hatte man einen schönen Blick hinüber zum Rheingrafenstein.

rheingrafensteindetail.jpg

Am Nachmittag nahm ich den Bus gen Bad Kreuznach. Die kurze Entfernung ist binnen 10 Minuten zurück gelegt. Von der Stadt her ist Bad Kreuznach her etwas interessanter als Bad Münster am Stein, aber auch keine atemberaubende Schönheit. Bekannt sind natürlich die Brückenhäuser, die wirklich etwas her machen. Traurigerweise stehen all die Brückenhäuser derzeit leer, so daß sie doch erheblich an Charme einbüßen.

bruckenhaus.jpg

Entlang der häßlich renovierten Burg, auf die ein völlig unpassender 80er Jahre Aufbau für ein Hotel gesetzt wurde, führt ein Panoramaweg, der eine schöne Aussicht auf das Kurviertel von Bad Kreuznach und die hier vergleichsweise breite Nahe bietet. Der Berg ist ein schöner ruhiger Ort, der an einem Tag außerhalb der Saison auch nicht überlaufen war.

Ich nutzte den Nachmittag jedoch auch für einen ausgiebigen Besuch des Bäderhauses gegenüber des imposanten Kurhauses. Hier genoß ich die Vielzahl der Saunen und Dampfbäder. Das Bäderhaus bietet wirklich eine vorzügliche Saunalandschaft in einem eindrucksvollen Gebäude. Schön ist auch das Glasdach über dem Schwimmbad, auch wenn es an diesem Tag leider nicht geregnet hat. Ein perfekter Ort, um sich auszuruhen und sich zu entspannen, der mir so wohlgetan hat, daß ich zum Abschluß meiner Reise noch einmal dort vorbei schaute.

Wein habe ich an dem Tag übrigens auch noch getrunken.

Riesling trocken 2008, von A. Finkenauer
A: Grüner Einschlag
N: Zunächst Zitrus und Limette dann eher Limette und Minze. Ein Caipirinha-Gefühl kommt auf.
M: deutliche Säure, die aber gut eingebunden ist, Apfelnote, sehr frisch und knackig, auf eine angenehme Art rustikal
Der Wein ist gut zu trinken. Seine lebhafte Säure macht ihn zu einem guten Gegenpart zu fetten Gerichten. Warum nicht zum Saumagen. 82 CP

Riesling trocken 2008, vom Weingut Korell
N: erst Apfel und Zimt dann verschwindet die Zimtnote und es kommen grasige Töne hinzu
M: sauberer, runder Wein, besitzt eine ordentliche Säure, Apfel, eintönig
Der Wein wirkt fast zu sauber. Bei einem einfachen Wein paßt diese klinische Sauberkeit nicht so gut. Er wirkt dadurch langweilig. Zu einem Thunfischsalat. 79 CP

Schreibe einen Kommentar