Am gestrigen Abend spielten Trip Fontaine im Molotow. Bereits im letzten Jahr hatte ich hier einen unglaublichen Auftritt von ihnen gesehen, weswegen ich ihre Show unter keinen Umständen verpassen wollte, gleichzeitig aber etwas Angst hatte, daß sie einen solch geilen Gig nicht wiederholen konnte.
Ihre Vorband ließ Schlimmstes befürchten. Hätte Eddie Argos mit seiner spöttelnden Stimme „Punk Rock ist niecht toht“ gesungen, hätte man wahrscheinlich geantwortet. „Ja, kann schon sein. Aber er liegt da in einer ziemlich unbequemen Position am Boden, bewegt sich nicht, atmet nicht, und einen Puls kann ich auch nicht fühlen.“ Wie hörte ich jemand aus dem Publikum so schön fragen: „Was heißt belanglos auf Englisch?“ Mehr, insbesondere der Name der Band, ist dazu wirklich nicht zu sagen – insignificant klingt nicht streng genug.
Nach einer rekordverdächtig kurzen Umbauzeit kam Trip Fontaine auf die Bühne. Die Jungs überzeugten von der ersten Note an. Bei ihnen stimmt wirklich alles. Sie können einfach spielen. Sie beherrschen ihre Instrumente und wie der muntere Instrumentetausch zwischen Keyboarder/Drummer/Guitarist, Guitarist/Sänger/Keyboarder und Drummer/Sänger/Guitarist verdeutlichte sogar mehrere. Drei Sänger, die jeweils eigene Nuancen setzten und sich auch innerhalb der Songs ergänztensind eine echte Rarität. Das kriegt man auch bei PJ Harvey nicht geboten. Doch der Gesang wird bei Trip Fontaine fast zur Nebensache. Ihre Musikstücke sind unglaublich gut komponiert. Der Wechsel der Tempi, der Stimmungen, die unterschiedlichen Charaktere sind zu einem großen Gesamtbild zusammengeschmiedet. Der Sound klingt abwechselnd bombastisch, gravitätisch, elegant, verspielt und epochal. Wagner wäre sicher Trip Fontaine-Fan. Für mich steht fest, daß die vier schon längst auf einer Augenhöhe mit Bands wie And you will know us by the trail of dead stehen. Und trotz so hochstehender Vergleiche sind die 5 unvergleichbar. Live hat man keine Chance ihren fast schon hypnotischen Riffs zu entfliehen und muß sich dieser grandiosen Show einfach hingeben. Wenn man das unkonventionelle Drumduett auf einem Schlagzeug hervorheben tun würde, täte man der Band sehr unrecht.
Die Band hat all das, was einen großen Wein auszeichnet. Sie beherrschen den Übergang von perfektem Handwerk zu echter Kunst. Sie sind unglaublich vielschichtig, spielen mit Energie und Power, scheinen ein schier unerschöpfliches Potential zu haben, und was vielleicht das Allerwichtigste ist – ihre Musik hinterläßt den Hörer nicht nur ehrfürchtig, sondern auch mit dem Gefühl gerade eine verdammt geile Zeit erlebt zu haben.