Alt werden ist kein Spaß. Sich eines alten, verwirrten Menschen anzunehmen auch nicht. Doch das Leben ist nicht nur ein Zuckerschlecken. Mitgefühl und Anteilnahme sind edle Gefühle, und aus ihnen resultierende Taten adeln sich selbst.
Welchen Nutzen hat es für den krankhaft Verwirrten, wenn sich ihm ein Fremder annimmt? Bestenfalls erlebt er einen kurzen Moment der Klarheit und der Anteilnahme, den er schnell wieder vergißt. Nicht unwahrscheinlich ist jedoch, dass stattdessen eine gestörte oder feindselige Haltung eingenommen wird. Schwierig ist es auch, von dem verwirrten Menschen wieder loszukommen, denn es ist nicht unüblich, daß dieser sich an die Bezugsperson klammert, die sich ihm längere Zeit stellt. Deshalb überläßt man – vielleicht mit schlechtem Gewissen – diese Menschen ihrem Schicksal und der Einsamkeit, die sie noch stärker abdriften läßt.
Es ist also ein Gefühl der Angst, das uns diese Menschen ignorieren läßt. Da sie mit ihrem selsamen Verhalten jedoch natürlich nicht aus unserer Wahrnehmung verschwinden, bleibt erst einmal ein Gefühl der Scham, weil man sie sich selbst überläßt und ein Gefühl der Angst, auch so zu werden. Vielleicht sind diese Gefühle die gerechte Strafe für die ungebührliche Untätigkeit. Doch die Strafe erscheint mir arg milde. Was mich bedrückt, ist der Eindruck, daß unsere älter werdende Gesellschaft immer mehr dieser Menschen hervorbringt und sie herz- und bindungslos sich selbst überläßt.