Domkellerstolz

Der Wein hat eine ziegelrote Farbe. Die Farbtiefe ist eher schwach und läßt dem Wein einen sehr blassen Rand. Zunächst ist der Geruch sehr zurückhaltend. Es lassen sich Aromen von Kirsche, Cassis und etwas Holz erahnen. Nach dem Schwenken kommen zu der Frucht etwas Vanille und Klebstoffaromen hinzu, die das Ganze etwas künstlich wirken lassen, aber noch nicht vollkommen mißraten. Die Viskosität ist schwach ausgeprägt.

Nach dem Geruch war ich schon etwas erschrocken. Sollte ich diesem Wein etwas abgewinnen können? Der Geschmack beruhigt mich, denn es hat mich echt Überwindung gekostet, diese Flüssigkeit hinunterzuschlucken. Während er durch den Mund floß, suchten meine Augen verzweifelt nach irgendeinem Gefäß, um den Alkohol auszuspucken. Das darf sich also Wein nennen. Diese widerliche Mischung aus aufdringlicher Himbeerbrause, neben der die Mädels der Davidstraße zurückhaltend und schüchtern genannt werden können, kombiniert mit Gummi, Klebstoff und Alkohol kann mit Fug und Recht Fusel genannt werden. Das Beste am Wein ist der erfreulich kurze Nachhall.

Als ein als Sprücheklopfer bekannter Kollege mir heute, als ich keine Lust mehr zeigte, mich über das Leben, Gott und die Arbeit aufzuregen, obwohl es dazu nun wirklich genug aktuelle Anlässe gab, ein „Das Leben ist zu kurz für schlechte Weine.“ von Goethe zitierte, war natürlich niemand mehr als ich geneigt ihm zuzustimmen. Dennoch nahm ich dies als Anregung, heute einen Alternativverschluß zu testen. Korken ist ja was für Omas, der Schrauber was für Technikfreaks, der Kronkorken für die heimlichen Biertrinker und der Glasverschluß für die narzistischen Designfreaks. Heute habe ich stattdessen den Wein aufgerissen, auch wenn ich den Inhalt dieses Tetra Paks nur ungern als Wein bezeichne. Nicht gut genug für den Berber, aber vielleicht für seinen Hund? Hoffentlich hetzt mir jetzt niemand den Tierschutzverein auf den Hals.

Herkunft: Europa – Verschnitt von Weinen aus mehreren Ländern der EU
Jahrgang: ????
Rebsorte: ?
Erzeuger: Vertrieb durch Burgherrn Weinhandels GmbH
Ausbau: Tafelwein – lieblich
Alkohol: 9,5%

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Ein Gedanke zu „Domkellerstolz“

  1. Hallo,
    eigentlich wollte ich der Weinhandels GmbH eine Beschwerde schreiben, was sie sich einbilden, einen derartigen schlechten Fusel in D anzubieten, der eigentlich nur für Hobbybrenner dazu dienen kann, daraus hochprozentigen Alkohol zu destillieren. Finde aber keine E-Mail-Adresse und stieß durch Zufall auf diese Zeilen, die mir aus dem Herzen sprechen. Kann nur sagen: Nicht kaufen und erst recht nicht trinken! Auch nicht den Weißwein mit selben Namen.
    Gruß aus Berlin

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