Wie bereits angekündigt, hatte ich nach der Weinprobe die Gelegenheit, die Weine in den Folgetagen weiter zu verkosten, da an dem Abend nur der Soave ausgetrunken war. Dirk Würtz hatte unlängst auf seinem Blog einen sogenannten Elch-Wein-Test gemacht, als er einige Weine über 63(!) Tage hinweg verkostet hat. Ich kenne ein ähnliches Phänomen von Verkostungen bei Winzern, bei denen ich anhand Markierungen auf der Flasche oder aufgrund von ehrlicher Kommentare feststellen konnte, daß die Flasche bereits vor 18 Tagen geöffnet wurde und ich es ohne ein solches Signal nicht erkannt hätte. Angesichts 7 offener aber nicht ausgetrunkener Weine nahm ich den Elch-Wein-Test als Vorlage, dem ein wenig nachzueifern.
Zur Erinnerung nochmal die Beurteilungen von Tag 1:
(1) Soave Classico 2008 Il Nicolaio, Rebsorte: Garganega, Erzeuger: Roncolato, Alk.: 13,5%
A: strohgelb mit grünem Einschlag
N: buttrig, blumig, Apfel
M: cremig, recht dicht, wenig Säure, leicht bitter
mein persönlicher Favorit 86 CP
Es folgte der nächste Supermarktklassiker.
(2) Bardolino Classico 09, Rebsorte: Corvina, Rondinella; Erzeuger: Costadoro; Alk.: 12,0%
A: kirschrot
N: recht dezent, Bitterschokolade, würzig Badeschaum
M: relativ leicht, deutliche Gerbsäure, Himbeere, leichter Körper und Gerbsäure wirken widersprüchlich
unspektakulär, könnte man auch im Supermarkt finden 81 CP
Wir steigerten uns zu einem Lagen-Bardolino.
(3) Bardolino Classico 08 Broi; Rebsorte: Corvina. Rondinella; Erzeuger: Costadora; Alk.: 13,0%
A: kirschrot
N: Käse, Eukalyptus, würzig
M: sehr fruchtig, sehr kräftig, Eukalyptus, saftig
Sieger der Herzen; romantischer Wein wurde gesagt 84 CP
Es folgten zwei Weine aus Venetiens Osten und der internationalen Rebsorte Merlot.
(4) Piave 2008; Rebsorte: Merlot; Erzeuger: Tonon; Alk.: 12,5%
A: rubinrot
N: Marzipan, Kräuter, Malz
M: wirkt überaltert, Marzipan, rauchig
Verlierer des Abends 76 CP
(5) Lison Pramagiorre 07 Campo Camino; Rebsorte: Merlot; Erzeuger: Bosco del Merlo; Alk.: 13,0%
A: rubinrot
N: Sauerkirsche, Tinte, würzig
M: elegant, glatt, samtene Tannine aber kräftig, Bitterschokolade, schöner Körper der nichts transportiert
Ich fand den Wein gut gemacht aber ohne Inhalt oder Charme 85 CP
Aus der Runde wurde er als schwierig, kompliziert und Neurotiker bezeichnet
Zurück ging es zu einem Pizzeria-Klassiker dem Valpolicella.
(6) Valpolicella classico 2009; Rebsorte: Corvina, Rondinella, Molinara; Erzeuger: Crosarola; Alk.: 12,5%
A: dunkles rubinrot
N: Heidelbeere, Tabak
M: relativ leicht, mäßige Gerbsäure
Auch das war ein Wein, der auch dem Supermarkt hätte stammen können 82 CP
Die Runde nannte ihn zurückhaltend und sympathisch
Ein Ripasso, wie wir ihn als nächstes probieren, ist in Deutschland nicht gar so oft anzutreffen.
(7) Valpolicella Classico Superiore 2008 I Progni Ripasso; Rebsorte: Corvina, Rondinella, Molinara, Sangiovese; Erzeuger: Le Salette; Alk.: 14%
A: kirsch-rubinrot
N: Kirsche, Pistazie, würzig, Eukalyptus
M: recht bitter, kräftige Tannine, Kirsche, Schokolade, langer Nachhall
nichts Besonderes 83 CP
Die Runde nannte ihn selbstsicher und sprach von einem in sich ruhenden Typen
Wir beendeten die Runde edel mit einem Amarone.
(8) Amarone della Valpolicella Classico 2005 Arano; Rebsorte: Corvina, Rondinella, CabS, Sangiovese, Croatina; Erzeuger: Le Salette; Alk.: 15,4%
A: schwarzrot
N: Richtung Klebstoff (verschwindet rasch); Malz, erdig, Paprika
M: dicht, kräftig, erdig, süßlich wirkend, sehr gute Länge, Bitterschokolade
Eindeutig der vielschichtigste Wein aber immer noch nichts Besonderes 88CP
Die Gruppe sprach von einem trägen, grobschlächtigen, häuslichen Landgutsbesitzer
Sieger von Tag 1 war für mich der Soave
An Tag 2 präsentierten sich die Weine doch deutlich anders:
(2) N: Kirsche, Marmelade
M: ausgezehrt
insgesamt kein Trinkvergnügen
(3) N: Himbeer, Melisse
M: auch etwas ausgezehrt, würzig, kräutrig
(4) N: Waldbeere, leicht kräutrig
M: erdig, würzig
Was für eine Steigerung gegenüber Tag 1 84 CP
(5) N: leichte Frucht, Eukalyptus
schwächer als am ersten Tag
(6) belanglos
(7) N: Malz, Holunder
M: deutliche Säure
(8) N: Malz, Eukalyptus, Brombeere
M: dicht, erdig, Schokolade
routinierte Klasse
Sieger von Tag 2 war der unverändert starke Amarone
Tage 4 brachte wieder neue Erkenntnisse
(2) N: Kirsche, Marmelade, Kräuter
M: mäßige Frucht
Steigerung gegenüber Tag 2 82 CP
(3) N: Melisse, Schokolade, fruchtig
M: fruchtig, Schokolade, ordentlicher Körper
zurück auf das Niveau von Tag 1 84 CP
(4) N: Kirsche, Himbeere, Drops
M: sehr fruchtig, ausgewogen
Der Wein weiß immer besser zu gefallen 86 CP
(5) N: Eukalyptus, Beerenfrucht
M: würzig, dunkel, mittelschwerer Körper, schokolade
Nach wie vor kein eigener Charakter 82 CP
(6) N: Nüsse, Beerenfrucht, Mandel
M: fruchtig, saftig, einfach aber ausgewogen
so sehr schön zu trinken 83 CP
(7) N: Nüsse, Melisse, würzig
M: erdig, schöne Dichte
Leider gelingt es dem Wein einfach nicht echte Klasse zu zeigen 83 CP
(8) N: animalische Noten, würzig
M: feine Frucht, schöne Dichte, fleischig, voluminös, dank Alkohol süßlich
Nach wie vor zwar sehr gut aber nicht außergewöhnlich
Heute gewinnt wieder der Amarone, wobei der Merlot aus Piave heute durch die unerwartete Qualität besonders gefällt.
Tag 6 zeigte ein neues Bild:
(2) N: Melisse, Laub, Schokolade
M: mittlerer Körper, geschliffene Tannine, leichter Oxidationsverdacht 79 CP
(3) N: feine Beerenfrucht, Drops, Holunder
M: mittlerer Körper, leichte Säure, mäßige Frucht, mäßige Tannine 82 CP
(4) N: Kirsche, Eukalyptus, Petersilie
M: mittlerer eher leichter Körper, sehr eleganter runder Körper, Frucht ist schön eingebunden, leicht erdig
Der Wein gewinnt weiter an Klasse 87 CP
(5) N: verschlossen, Kaffee, Brombeere
M: mittelschwer, leichte Frucht, rund, erdig, immer noch eher leer 83 CP
(6) N: Melisse, Marmelade
M: deutliche Säure, leichte Frucht
belanglos 79 CP
(7) N: Toast, Holz, Kaffee
M: mittlerer Körper, rund, süßlich wirkend, Pistazien, würzig
heute in Bestform, sehr interessant 85 CP
(8) N: Lebkuchen, Holz, verschlossen
M: sehr süßlich wirkend, recht dicht und konzentriert, erdig
etwas leblos 85 CP
Heutiger Sieger ist eindeutig der Merlot von Tonon, der klare Verlierer des 1. Tags. Der Bardolino Broi war jetzt auch ausgetrunken.
Tag 9 war wieder etwas anders:
(2) N: dezente Frucht, animalische Noten, Leder
M: deutliche Frucht, etwas süßlich, überreife Marmeladentöne, erdig 82 CP
(4) N: feine Beerenfrucht, Lavendel, Kräuter
M: etwas säuerlich, unausgewogen, hart, unrunde Tannine 83 CP
(5) N: kräutrif, Melisse
M: mittlerer Körper, leicht säuerlich, Gerbsäure, belanglos 78 CP
(6) N: dezenter Duft nach Kirsche aber nur erahnbar
M: Schokolade, leichte Frucht, ordnetliche Tannine, insgesamt langweilig 77 CP
(7) N: Melisse, Eukalyptus, Kümmel
M: mittelschwerer Körper, leicht süßlich 81 CP
(8) N: sehr intensiv, Mandel, Schokolade, Marzipan, Klebstoff, Gerste
M: sehr dicht, elegant, rund, fruchtig, erdig, sehr gute Länge 90 CP
Eindeutiger Sieger heute der Amarone, der jetzt wirklich Spaß macht. Interessant wie der Merlot aus Piave wieder abgebaut hat.
Tag 11 stellte immer noch 6 Weine zur Verkostung an.
(2) N: Kirsche, Mandeln, Rauch
M: leichte Säure, ausgezehrte Frucht, alkoholische Säure 81 CP
(4) N: Beerenfrucht, Vanille, Minze
M: fruchtig, mild, relativ rund 83 CP
(5) N: Minze, Rauch
M: mittelschwer, würzig, erdig 79 CP
(6) N: würzig
M: herb, kräftige Gerbsäure, würzig 80 CP
(7) N: Nüsse, würzig
M: deutliche Frucht, ordentliche Gerbsäure, leichte Säure 84 CP
(8) N: Malz, viel Frucht
M: sehr fruchtig, etwas süßlich, leichte Würze 88 CP
Der Amarone immer noch als Spitzenreiter und der Merlot erneut versteckt. Noch immer aber kaum echte Ausfälle, wobei ich einschränkend sagen muß, daß der Amarone und der Ripasso jetzt ausgetrunken wurden.
An Tag 16 hatte ich nur noch 4 Weine zu verkosten.
(2) N: Lebkuchen
M: leichter Essigstich, etwas schal 76 CP
(4) N: Holunder, Kirsche, Lavendel
M: leichte Frucht, relativ leicht, etwas kräutrig 84 CP
(5) N: Kräuter, Melisse
M: kräutrig, rund, aber leer 81 CP
(6) N: Kirsche, Rauch, Mandeln
M: bitter, rund, erdig 78 CP
An diesem Tag war der einzige noch mit Genuß trinkbare Wein der Merlot aus Piave. Leider muß ich mangels Masse den Versuch an diesem Tag einstellen, wobei ich gestehen muß, daß sich meine Weine nicht so gut gehalten haben wie bei Dirk Würtz. Das Ergebnis zeigt jedoch ein ähnliches Gesamtbild. Die Weine halten sich deutlich länger, alsich es erwarten hätte können. Besonders interessant war natürlich auch der Wandelprozeß des Merlot aus Piave. Es bleibt wohl der Allgemeinplatz den ich am Wein und am Leben am meisten schätze. Ich weiß, daß ich nichts weiß.
Ein Gedanke zu „V wie Veneto – Nachbetrachtung“