Unlängst begeisterte mich ein Forster Ungeheuer so sehr, daß ich dies als Auftrag zu einer Mission empfand, mich wieder mehr mit den Weinen der Mittelhaardt zu beschäftigen, nachdem ich zuletzt doch eher in den Gefilden der Südpfalz nach edlen Tropfen suchte.
Die Platzhirsche in der Mittelhaardt sind sicherlich neben dem Weingut Mosbacher die drei Bs; Buhl, Bürklin-Wolf und Bassermann-Jordan, wobei von letzterem das grandiose Große Gewächs stammte, daß mir einen bacchantischen Hochgenuß bereitete. Neben diesen großen Weingütern gibt es auch das Weingut Heinrich Spindler, das sich beharrlich gegen die Aufnahme in den VDP wehrt, aber Weine erzeugt, die sich vor denen der Platzhirsche nicht verstecken müssen.
Von diesem Weingut ließ ich mir ein Paket mit Weinen zukommen, die dann in einer geselligen Runde probiert wurden. Anbei meine Notizen zu den Weinen:
(1) Riesling Kabinett trocken 2008, Liter-Flasche, Alk.: 11,5%
Nase: Zitrus, Tabak, leicht floral
Mund: leichte Gärkohlensäure, deutliche knackige Säure, herb, fruchtig
Aus der Runde wurde „Schorlewein“ gerufen, was positiv gemeint war. Auch in meinen Augen ein Klasse Literwein, der als Sommerwein perfekt geeignet ist, auch ohne Zugabe von Wasser. Ein unkomplizierter, rustikaler Wein für jeden Tag. 83CP
(2) Riesling Kabinett trocken 2008, „Philosophie“, Alk.: 12%
Nase: recht verhaltene leicht florale Eindrücke
Mund: Säure ist ordentlich eingebunden, sehr fruchtiger Wein
Im Vergleich zu (1) ist dies der filigranere Wein, und er ist auch fruchtbetonter. Aufgrund des sehr dezenten Geruchs bei der Philosophie würde ich aber doch bei (1) zulangen. 82CP
(3) Rhodter Schloßberg Riesling trocken 2007, Liter-Flasche, Weingut Heußler, Alk.: 12%
Nase: Karamell, Aprikose, Rose
Mund: leichte Säure, etwas salzig, sehr rund, ordentliche Dichte, Graipefruit
Diesen Pirat aus der Südpfalz hatte ich eingebracht, weil der Wein weg mußte. Dafür präsentierte er sich in richtig guter Verfassung, auch wenn deutlich wurde, daß er nicht mehr lange Zeit hat, was auch die Nachverkostung ergab. 83CP
(4) Forster Pechstein, Riesling Spätlese trocken 2008, Alk.: 13%
Nase: Birne, Feige, Rauch
Mund: sehr herb, würzig, mineralisch
Der Einstieg in die Lagenweine war zugleich ein spürbarer Anstieg des ohnehin schon hohen Qualitätsniveaus. 88CP
(5) Forster Ungeheuer, Riesling Spätlese trocken 2008, Alk.: 13%
Nase: Kräuterwürze, Tabak, leicht floral
Mund: sehr kräftig, beinahe barocke Opulenz, würzig, leicht salzig, sehr gute Länge, echtes Kraftpaket, mineralisch
Das war jetzt ein richtiges Highlight, für das alleine schon sich die Probe gelohnt hat. Ich mag solche kräftigen zupackenden Weißweine, die einen so schnell nicht mehr loslassen. Der Wein traf genau meinen Stil. 91 CP
(6) Forster Kirchenstück, Riesling Spätlese trocken 2008, Alk.: 13,5%
Nase: Feige, Maracuja, Graipefruit
Mund: feine leichte Mineralik, salzig, sehr intensive fruchtige Noten, rund, harmonisch, gute Länge
Den Wein mit dem zuvor verkosteten Ungeheuer zu vergleichen, fällt richtig schwer, weil es 2 gegensätzliche Weintypen sind. Dies ist der filigranere, fruchtigere Wein, während das Ungeheuer kräftig und fruchtig ist. Ich stelle es mir sehr spannend vor, die Entwicklung der beiden Weine zu beobachten, wobei das Kirchenstück jetzt schon geordneter erscheint als das derzeit noch ungestüme Ungeheuer. Die Reihenfolge war für das Kirchenstück etwas unfair, da es einem solchen Wein nach einem zuvor sehr kräftigen Wein natürlich schwer fällt. 90 CP
(7) Forster Ungeheuer, Riesling Auslese 2005, Alk.: 8,5%
Nase: Honig, Aprikose
Mund: sehr dicht, ölig, extreme Süße, extraktreich, gute Länge
Ein feiner Abschluß, zu dem die mitgebrachten selbstgebacken Plätzchen sehr gut paßten. Wieder einmal stellte ich fest, wie polarisierend Süßwein ist und wie schwer zu beschreiben ist, was seine Aura ausmacht. 89 CP
Für mich war dies eine sehr schöne Probe, die durch eine beeindruckende Kollektion aus dem Hause Spindler und die netten Gäste ermöglicht wurde. Bereits die einfachen Weine wußten vollends zu überzeugen. An der Mittelhaardt produzieren eben nicht nur die Platzhirsche gute Weine.
Der Jahrgang 2008 verdient sicher mehr Beachtung, als ich ihm bisher geschenkt habe, auch wenn er es nach den grandiosen 2007ern einfach schwer hat.
Ob sich auf den vom Hoffotografen (endlich paßt es mal das Wort mit f zu schreiben) geschossenen Bildern, die im Titel versprochenen weiteren Ungeheuer verbergen, mag ich noch nicht beurteilen, werde dies aber gerne zur gegebenen Zeit nachreichen.