Aktuelle Fernsehempfehlung – Metropolis

Fritz Langs Klassiker als aktuelle Empfehlung zu nennen mag skurril erscheinen, ist es aber nicht. Heute Abend wird ab 20:40 auf Arte die Welturaufführung der rekonstruierten Fassung gezeigt.

Die Ufa ließ den Film nach der Premiere 1927 um über 30 Minuten kürzen, weil sich Metropolis als kommerzielles Desaster entpuppte. Lange Jahre galten die beim 2. Schnitt herausgeschnittenen Teile als verloren, bevor in Argentinien eine Originalfassung gefunden wurde. Diese wurde jetzt rekonstruiert und mit der Originalmusik aufgeführt. Anläßlich der 60. Berlinale wird der wiederbelebte Film nun zeitgleich in Berlin, in der Alten Oper in Frankfurt und bei Arte gezeigt. Ich wünsche viel Vergnügen.

Antichrist

Daß, wo Alkohol im Spiel ist, der Antichrist nicht fern sein kann, ist den meisten frömmelnden, gutgläubigen Protestanten sicherlich klar, aber zur Verbindung Alkohol mit Gott assoziiere ich eher Jesus, der Wasser in Wein verwandelt oder noch nahestehender bacchantische Genüsse unter Dionysos Gnaden.

Insofern ist natürlich eigentlich klar, daß ich zur Abwechslung mal nicht von Alkohol sondern von Kino rede. Genauer von Lars von Triers Film Antichrist. Es ist verblüffend mit welcher Leichtigkeit es Lars von Trier immer wieder gelingt, zu schockieren und zu revolutionieren. Mittlerweile muß man wohl sagen, das Überraschenste, was er machen könnte, wäre einen konventionellen Film zu drehen.

Das ist Antichrist sicherlich nicht. Eher fühle ich mich an Element of Crime erinnert, ein Frühwerk von Lars von Trier, das auch mit einer ungeheuren verwirrenden Bildersprache aufwartet. Mehr als die Geschichte eines Wahnsinns bzw. einer von Wahnvorstellungen geprägten Obsession sind es die Bilder, die den Zuschauer in Antichrist verstören. Die Bilder sind von einer grausamen Brutalität, die Horrorfilme alt aussehen läßt. Ich dachte eher an Darstellungen des Fegefeuers und der Vorhölle von Hieronymus Bosch.

Es fällt mir schwer zu sagen, ob der Film schlecht oder gut ist. Durch die Kraft der brutalen Bilder – eines der harmloseren zeigt ein Reh, aus dem der totgeborene Fötus hervorragt – wirkt der Film vor allem äußerst verstörend und sicherlich auch abstoßend. Die Tatsache, daß kein Zuschauer trotz dieser ekelerregenden Bilder das Kino verließ, zeigt vielleicht, das der Film nicht schlecht ist, denn durch diese monströsen Bilder verdeutlicht von Trier das Innenleben der vom Wahnsinn getriebenen Personen.

Aus Sicht des Regisseurs muß ich wahrscheinlich von einem guten Film sprechen, denn ich glaube der Film ist genauso geworden, wie sich von Trier den Film gewünscht hat. Provozierende Bilder, durch die die Intensität des Films extrem gesteigert wird, eine bewegende schauspielerische Leistung von Charlotte Gainsbourg, die alle Register zieht, um den vielen Facetten ihrer Rolle gerecht zu werden, was ihr vortrefflich gelingt, mit Willem Defoe ein hervorragender zweiter Hauptdarsteller, der all seine Routine einsetzt, um den nüchternen Gegenpart dennoch eine kraftvolle Präsenz zu geben, eine Sprache der Symbole, die klar zur Geltung kommt, ohne aufgesetzt zu wirken.

Wenn ich all dieses bedenke, könnte ich durchaus von einem guten Film sprechen. Und doch ist dies kein Film, den man jedermann empfehlen kann. Wer sich normalerweise für Popcorn-Kino interessiert, sollte einen weiten Bogen um den Film machen, und wer schon genügend interessante Alpträume hat, braucht sich vielleicht auch keine neuen Inspirationen zu verschaffen. Ähnlich zu dem Aufkleber „Parental advisory – expilicit lyrics“ auf Platten, sollten auf den Plakaten vielleicht Warnungen angebracht werden „Nichts für leichte Gemüter“.