Leichtathletik-WM Tag 7

Wie der Vortag, war auch der Freitag sehr vom Wetter geprägt. Morgens wurde ich von einem extremen Gewitter geweckt, bei dem die Blitze in der direkten Umgebung einschlugen. Der gleichzeitige Niederschlag war dann sehr stark, so daß selbst der ausgetrocknete Boden die Feuchtigkeit nicht vollständig aufsaugen wollte.

Ich verzichtete darauf, mir die 50km der Geher anzuschauen, und beschloß lieber selbst laufen zu gehen. Das Wetter war am späten Vormittag so schwül, daß mein Netzhemd bereits nach 10 Minuten am Körper klebte und ich so stark geschwitzt habe, wie zuletzt in der Sauna. Dennoch war dies mein erster Lauf seit der Verletzung, den ich der Kategorie Ausdauer zuordnen kann. Nach 25km in gut 2 Stunden hatte ich fast das Gefühl, daß eine gewisse Normalität im Laufen zurückkommt.

Ich kam ins Stadion, als die erste Qualifikationsgruppe der Speerwerfer zu Ende ging. Ich konnte einen kurzen Schauer über dem Rasen niedergehen sehen, der aber nur ein Vorspiel sein sollte. Nachdem die zweite Gruppe der Speerwerfer sich eingeworfen hatten und die Hochspringer zum Aufwärmen in Stadion gekommen, fing ein langanhaltender heftiger Regen an. Das Programm ging zunächst weiter. Die Hochspringer verkrochen sich unter kleinen Schirmen, während der Anlauf der Speerwerfer immer rutschiger wurde. Die Weitspringerinnen hatten verhältnismäßig Glück, da ihre Anlage durch die Dachkonstruktion geschützter war. Nach zwei Durchgängen wurde die Qualifikation der Hochspringer unterbrochen, während die Hochspringer schon längst wieder in den Katakomben verschwunden waren. Nur die Weitspringerinnen mußten ihren Wettkampf durchziehen.

Nachdem auch die Weitspringerinnen vom Wetter erlöst wurden, indem sie ihre Qualifikation beendeten, kam es zu einer langen Pause und einer deutlichen Verschiebung des Zeitplans. An derem Ende bemühten sich die Helfer die Hochsprung- und Speerwurfanläufe trocken zu kriegen.

Bei den Laufbahnen war nun zu beobachten, daß die äußeren Bahnen trockener waren als die inneren, was uns für das auf Bahn 8 startende DLV-Quartett über 100m optimistisch stimmte. Der Optimismus war jedoch leider nicht gerechtfertigt, da der zweite Wechsel nicht klappte. Der dritte deutsche Läufer war einfach zu früh losgelaufen.

Die Veranstalter bemühten sich jetzt, die Laufwettbewerbe möglichst zügig durchzukriegen. Der interessanteste Wettbewerb war aber natürlich der Hochsprung, der viel Dramatik bot. Der deutsche Raul Spank zeigte dabei einen tollen Wettkampf. Für mich war die Staffelung der Höhen nicht ganz nachvollziehbar. Bei 2,18m zu starten fand ich ganz schön defensiv, so daß die Steigerung auf 2,23m durchaus zu verstehen war. Danach aber bei derart widrigen äußeren Bedingungen die Latte erneut um 5cm höher zu legen, war sehr überraschend. Es kam dann auch zu dem Kuriosum, daß alle zwölf noch im Wettbewerb befindlichen Springer im 1. Versuch die 2,28m rissen und es insgesamt nur vier über diese Höhe schafften. Daß mit der nächsten Höhe von 2,32m erneut eine deutliche Steigerung der Höhe vorgenommen wurde, war bemerkenswert. Der kuriose Wettkampf ging weiter, da alle vier diese Höhe schafften. Daß die Latte nun auf 2,35m gelegt wurde, war jetzt zu erwarten und entsprach auch eher den Abständen, die ich vermutet hätte. Leider scheiterten alle vier an der Höhe. Das Publikum zeichnete sich bei diesem Wettbewerb aber aus. Seine Stimmung war von der Regenpause nicht eingetrübt worden, und es feierte alle Hochspringer. Für Raul Spank muß es eine Gänsehautathmosphäre gewesen sein. Doch das Publikum feuerte auch seinen ärgsten Konkurrenten um die Bronzemedaille, den Polen Sylwester Bednarek unvermindert an. Von einer deutsch-polnischen Rivalität wollte das Publikum also offensichtlich nichts wissen. Ein sehr versöhnlich Abschluß war, daß sich beide am Ende die Bronzemedaille teilten. Daß sich die beiden sofort nach Bedanareks letztem Versuch umarmten, bot die Gelegenheit für eines der schönsten Bilder der WM.

Für schöne Bilder sorgte auch Usain Bolt. Auch wenn ich meine Meinung über ihn nicht revidieren will, kann ich doch auch ein paar positive Sachen über ihn sagen. Bevor die Abendveranstaltung begann, alberte er mit dem Maskottchen Berlino herum, um für Stimmung im Stadion zu sorgen. Anschließend nahm er sich sehr ausführlich Zeit für die Autogrammwünsche seiner Fans und unterbrach das Schreiben der Autogramme erst aus Respekt vor den Geehrten bei der ersten Siegerehrung des Tages. Bei allem, was ich von Usain Bolt halte, komme ich trotzdem nicht umhin, dieses Verhalten tatsächlich als vorbildlich zu bezeichnen, insbesondere für einen Superstar am Tag seines Geburtstags.

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