Bundestagswahl 2009 – die 2.

Vor ein paar Jahren war meine Frustration über die politische Landschaft unserer Republik nur unwesentlich geringer als heute, mein Engagement und mein Interesse aber noch deutlich höher. Damals kannte ich unser Kabinett noch so gut, daß ich selbst die Familienministerin mit Namen kannte. O.K. jemand mit so einer Frisu mit Frau von der Leyen kenne ich auch heute noch mit Namen, aber mit solchen Kommentaren begebe ich mich wohl auf das Niveau der Merkel-Kritiker in ihrer Vorkanzlerinzeit.
Damals, als ich noch sagte, daß man sich nicht gleichzeitig über die Frisur einer Politikerin lächerlich machen kann, ohne die nicht mehr Bier sondern einfach nur noch krankhaften Bäuche (um wenigstens ein bißchen das Motto der Website zu integrieren) ihrer männlichen Kollegen zu thematisieren und sich dabei als Kritiker nicht vollkommen der Lächerlichkeit preiszugeben, formulierte ich einen Aufruf als Ketten-E-Mail, dessen Inhalt ich in Kurzform jetzt doch in einem neuen Satz zusammenfassen will, um vielleicht den ein oder anderen Leser wieder einzufangen, sofern er oder sie nicht schon wieder auf einer Porno-Website umgeschaltet hat.
Damals kotzte mich insbesondere die Selbstverliebtheit und Herrlichkeit der sogenannten Volksparteien an, von denen wir damals noch zwei an der Zahl hatten. Ich formulierte meine Vermutung aus, daß diese einen kräftigen Tritt in den Allerwertesten brauchten, den ihnen nur der Wähler verpassen kann, um sie von dem hohen Roß der Arroganz und Ignoranz herunterzubringen. Ich legte damals da, daß es für den Wähler durchaus seriöse Alternativen gab, etwa einen schwulen Kanzler mit einem steinewerfenden Außenminister, der früher gerne auf Polizisten eingeprügelt hat. Leider war ich nie selbst Empfänger der von mir ausgesandten Mail. Wenn ich mir jedoch die derzeitigen Umfrageergebnisse der SPD anschaue und gleichzeitig die nahezu zweistelligen Prognosen für FDP und GRÜNE vor Augen führe, kann ich doch zumindest von einem Teilerfolg sprechen, obgleich dieser nicht vollumfänglich meiner Tastatur und den sie bedienenden Fingern zuzusprechen sein mag.
Wenn ich mir jedoch die überaus erfolgreiche Politik dieser beiden (noch teilweise als seriös zu bezeichnenden) Parteien anschaue, begutachte, wie treu sie zu ihren Wahlprogrammen (insbesondere die GRÜNEN in HH) stehen, muß ich zu dem Schluß kommen, daß auch sie ebenso wie die 1,5 verbliebenen Volksparteien meine Stimme und noch viel weniger die Macht über mich Gesetze erlassen zu dürfen, verdienen.
Von meiner damaligen demokratischen Stimmung angesteckt, möchte ich ein keineswegs irreales Gedankenkonstrukt vorstellen und dafür bei dem Leser werben. Wie jeder weiß, müssen Parteien, um in den Bundestag einzuziehen die 5%-Hürde überspringen. Was wäre wenn dies keiner Partei gelinge?
Bevor die Kenner des deutschen Wahlsystems zur Geltung kommen, möchte ich diesen Gedanken noch etwas ausspinnen. Zur Bundestagswahl sind 27 Parteien zugelassen. Bei einer Gleichverteilung der Stimmen entspricht dies 3,70% der Stimmen je Partei. Ein solcher Fall ist also keineswegs unrealistisch. (Über die Definition von realistisch können wir uns gerne in meinen Träumen unterhalten, vorausgesetzt Du bist kein Statistiker und kommst mir mit Varianzen, Zufallsverteilung, etc.) In diesem Fall würde also tatsächlich nicht nur  keine Volkspartei und nicht nur keine der etablierten Parteien sondern tatsächlich gar keine Partei in den Bundestag einziehen.
Vor dem Gedenken der chaotischen Verhältnisse in Italien, wo es die 5%-Hürde nicht gibt oder der Weimarer-Republik mit bekanntem Ende, könnte ein solcher Wahlausgang einen Bürger besorgen, doch wir haben die 5%-Hürde. Es würde tatsächlich keine Partei in den Bundestag einziehen. Klingt das nicht paradiesisch? (Wer hätte gedacht, daß ich mich vom Ultralinken zum Gemäßigten links von der Mitte zum Anarchisten wandle?) Leider bedeutet Anarchismus, wie man ihn heutzutage die historische Abstammung dieser Ideologie mißachtend, vor allem – Chaos. Angesicht der lähmenden Lethargie und der Unfähigkeit der derzeitigen Regierung, wie auch einer Vielzahl ihrer Vorgänger (Man merkt ich bin Deutscher. Meckern kann ich richtig gut.), erscheint eine solche Aussicht fast tröstlich. Doch man muß keine Endzeitfilme à la Mad Max gesehen haben, um zu wissen, daß ein System des Chaos einen hohen Verwandtschaftsgrad mit einem ungezähmten Kapitalismus beinhaltet. In einem solchen System ohne Gesetze, bzw. ohne solche die Gesetze erlassen (Legislative wie Bundestag) bzw. deren Einhaltung organisieren (Exekutive, sprich alles unter der Regierung über den Finanzbeamten bis zur Müllabfuhr) regiert das Gesetz des Stärkeren und sei es des physisch Stärkeren.
Vielleicht ist es vor diesem Hintergrund ein kleiner Trost, daß unser Wahlsystem eine solche Situation nicht erlaubt. Vielleicht hat sich der ein oder andere schon gefragt, wieso er bei der Bundestagswahl zwei Stimmen abgibt. Die zweite Stimme ist die vermeintlich wichtigere, zumindest wenn man irgendwelche Splitterparteien wählen muß, um dem Ziel näherzukommen, daß keine Partei die 5%-Hürde knackt. Mit ihr werden die Parteien gewählt. Sie allein ist für die schönen Tortengrafiken am Wahlabend verantwortlich. Diese Grafiken sind dabei nicht einmal vereinfachend, denn aus der Zweitstimme leitet sich tatsächlich der prozentuale Anspruch der Parteien auf die 598 Sitze des 17. Bundestags ab. Wobei, wenn nur die DKP die 5%-Hürde knackt, sie Anspruch auf alle 598 Sitze des Bundestags hat! (auch wenn sie nur 5,01% erreicht) Wenn dagegen nicht einmal die DKP die 5%-Hürde knackt hätte keine Partei, einen Anspruch auf irgendeinen der 598 Sitze. Das klingt zwar fast schon paradiesisch, mißachtet aber die Tatsache, daß wir auch eine Erststimme abgeben müssen. In den 299 Wahlkreisen der Republik wählen wir einen Kandidaten, der diesen Wahlkreis vertreten soll direkt. Ein Kandidat einer Partei wird dabei von dem Anspruch seiner Partei auf Sitze im Bundestag abgezogen. Wenn also die CDU, welche die 5%-Hürde nicht geknackt hat, dennoch in 5 Wahlkreisen ihren Direktkandidaten durchgesetzt hat, so zieht dieser trotz dem Anspruch von 0 Sitzen der CDU in den Bundestag ein – ein sogenanntes Überhangmandat, das sich auch bei anderen prozentualen Konstrukten ergeben kann, insbesondere auch weil diese hier vereinfachend dargestellte Betrachtung des Wahlsystems nicht bundesweit, sondern auf Landeslistenebene durchgeführt wird.
Um zurück zu meinem Anliegen zu kommen, muß ich den Leser also einer Illusion berauben. Selbst wenn wir alle gemeinsam dafür sorgen, daß keine Partei die 5%-Hürde knackt, wird der Bundestag durch mindestens 299 Abgeordnete besetzt, die wir direkt mit unserer Erststimme wählen. Diese können dann auch dafür sorgen, daß wir nicht in der schlimmsten Anarchie versinken, sondern eine Kanzlerin – oder vielleicht doch besser einen Kanzler – wählen, der uns weise und gerecht regiert. Gleichzeitig werden sie ihre parlamentarischen Grundrechte, ebenso wie die Politik im Allgemeinen, sehr ernst nehmen, wissen sie doch, daß sie bei der nächsten Wahl wieder auf die Erststimme der möglicherweise immer noch verrückten Wähler angewiesen sind.
So rufe ich also auf, in Reihenfolge des Betretens der Website:

Wählt:

  • SPD – Sozialdemokratische Partei Deutschlands
  • CDU – Christlich Demokratische Union Deutschlands
  • FDP – Freie Demokratische Partei
  • DIE LINKE. – Die Linke
  • GRÜNE – Bündnis 90/Die Grünen
  • CSU – Christlich-Soziale Union
  • MLPD – Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands
  • PIRATEN – Piratenpartei Deutschland
  • ödp – Ökologisch-Demokratische Partei
  • BüSo – Bürgerrechtsbewegung Solidarität
  • Die Tierschutzpartei – Mensch Umwelt Tierschutz
  • RRP – Rentnerinnen und Rentner Partei
  • FAMILIE – Familien-Partei Deutschlands
  • PBC – Partei Bibeltreuer Christen
  • DIE VIOLETTEN – Die Violetten – für spirituelle Politik
  • RENTNER – Rentner-Partei-Deutschland
  • PSG – Partei für Soziale Gleichheit, Sektion der Vierten Internationale
  • Volksabstimmung – Ab jetzt…Bündnis für Deutschland, für Demokratie durch Volksabstimmung
  • CM – Christliche Mitte – für ein Deutschland nach Gottes Geboten
  • BP – Bayernpartei
  • DKP – Deutsche Kommunistische Partei
  • ADM – Allianz der Mitte
  • FWD – Freie Wähler Deutschland
  • ZENTRUM – Deutsche Zentrumspartei – Älteste Partei Deutschlands gegründet 1870
  • REP – Die Republikaner (ich würde ja gerne auf sie verzichten, aber die Gefahr von Abweichlern ist bei nur 27 Parteien einfach zu groß)
  • NPD – Nationaldemokratische Partei Deutschlands (ich würde ja gerne auf sie verzichten, aber die Gefahr von Abweichlern ist bei nur 27 Parteien einfach zu groß)
  • DVU – Deutsche Volksunion (ich würde ja gerne auf sie verzichten, aber die Gefahr von Abweichlern ist bei nur 27 Parteien einfach zu groß)

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